(Brüssel) – Die dänische Regierung setzt sich für ein knappes Budget und einen Rabatt von einer Milliarde auf die EU-Quote ein.

Gestern konnten sich die Staats- und Regierungschefs der EU nicht darauf einigen, wie viel Geld in den nächsten sieben Jahren für alles ausgegeben wird, von Landwirten, Forschung und Infrastruktur bis hin zu Grenzkontrollen und Filmförderung.

Nach mehr als einem Verhandlungstag ist der außerordentliche Gipfel zum nächsten Haushaltsrahmen der EU, der sogenannte mehrjährige Finanzrahmen, gescheitert. Die Mitgliedstaaten sind sich über die Höhe des Haushalts weiterhin uneinig, weshalb die politische Auseinandersetzung darüber fortgesetzt wird.

„Wir haben versucht, eine Einigung zu erzielen, aber das war leider nicht möglich. Wir brauchen mehr Zeit und wissen, dass es sehr schwierig ist, eine Einigung über diesen EU-Haushalt zu erzielen“, so Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates und damit der Verantwortliche für die Verhandlungen.

„Wir müssen unsere harte Arbeit fortsetzen. Es ist noch ein langer Weg“, fügt Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, hinzu.

Es ist der mehrjährige Finanzrahmen, der unter anderem festlegt, wie viel Geld der EU bis 2027 zur Verfügung steht.

Der Rahmen wird auf der Grundlage des gesamten Bruttonationaleinkommens (BNE) der Länder festgelegt, das kurz gesagt ein Ausdruck des gesamten jährlichen Einkommens ist. Der derzeitige Rahmen, der zum Jahresende ausläuft, liegt bei 1,00 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der EU.

Dänemark gehört zur Minderheit der Länder, in denen der künftige Haushaltsrahmen auf diesem Niveau bleiben muss. Eine große Anzahl anderer Länder hingegen möchte, dass das Niveau steigt, damit mehr Geld beispielsweise für die Landwirtschaft und die Regionen ausgegeben werden kann.

„Die Kluft zwischen den Ländern, die mehr Geld ausgeben wollen, und denen, die das Budget wie gehabt halten wollen, war einfach zu groß – und die Bereitschaft, kleine Kompromisse einzugehen, war nicht vorhanden“; sagt der EU-Korrespondent von Danmarks Radio (DR), Ole Ryborg.

Ratsvorsitzender Charles Michel (re.) konnte zwischen den Mitgliedstaaten keine Einigung über den nächsten Haushaltsrahmen erzielen.

Charles Michel unternahm noch einen Versuch und legte am späten Freitagnachmittag einen neuen Kompromissvorschlag vor, dessen Haushaltsrahmen bei 1.069 Prozent des BIP liegt. Dieses ist etwas weniger als der Vorschlag, den der Ratsvorsitzende letzte Woche gemacht hatte. Hier belief sich der Haushaltsrahmen auf 1.074 Prozent des BIP, was einem Gesamthaushaltsrahmen von 8.181 Mrd. Kronen (1,095 Mrd. Euro) über sieben Jahre entspricht – oder 1.169 Mrd. Kronen (156,5 Mio. Euro) pro Jahr.

Laut Premierministerin Mette Frederiksen (Socialdemokraterne) sind beide Haushaltsrahmen jedoch zu hoch. „Wir (Dänemark, Schweden, Österreich und die Niederlande, die zusammen die Verhandlungsgruppe der ,sparsamen Vier‘ bilden, Hrsg.) plädieren für ein Budget von einem Prozent des BIPs und dass wir einige Rabatte eingeräumt bekommen, die den Ausgaben entsprechen, die es gibt“, betont sie.

„Ich denke, wir waren in unserer gesamten Kommunikation klar. Aber vielleicht gab es in der EU-Administration die Hoffnung, dass wir es nicht ernsthaft gemeint haben und dass wir darauf verzichten würden, wenn wir den Verhandlungsraum betreten. Wir haben uns entschieden, das nicht zu tun, und das ist gut so“, sagt die Statsministerin.

Bundeskanzlerin Angela Merkel will auch ihren Rabatt auf die Quote behalten. Der französische Präsident Emmanuel Macron hingegen will mehr Geld für die Landwirte.

„Es ist jedoch nicht verwunderlich, dass sich die EU-Länder auf dem Gipfel nicht haben einigen können“, erklärt Ole Ryborg. „Als der derzeitige Haushaltsrahmen vor sieben Jahren festgelegt wurde, waren auch zwei Gipfeltreffen erforderlich, bevor eine Einigung erzielt werden konnte. Und diesmal werden die Verhandlungen durch die Tatsache weiter erschwert, dass Großbritannien die EU verlassen hat und die Briten eine große Lücke mit ihrem Beitrag von 10 Mio, Euro im EU-Haushalt hinterlassen haben. Es war also von Anfang an klar, dass es schwierig – fast unmöglich – sein würde“, erklärt der EU-Korrespondent von DR.

Die Statsministerin Mette Frederiksen ist dennoch zuversichtlich, obwohl nach dem 1. Gipfeltreffen noch kein Ergebnis auf dem Tisch liegt. „Es geht wahrscheinlich noch einen langen Weg bis zu einer Einigung. Wir sind immer noch zu weit voneinander entfernt, um einen Deal abschließen zu können“, sagt sie.

Auf die Frage wie viel Zeit sie jetzt brauchen, um das Problem zu lösen, antwortet die Statsministerin: „Mein Gebot liegt vor. Das müssen wir als unser Ziel durchsetzen. Es gibt 27 Länder, und einige von uns möchten sich wirklich auf die zukünftigen Projekte konzentrieren – nicht zuletzt auf das Klima, und dann gibt es einige Länder, die stark von Kohäsionsfonds und landwirtschaftlicher Unterstützung abhängig sind. Das müssen wir auch anerkennen und verstehen. Und all dieses macht es schwierig.“

Es ist noch nicht bekannt, wann die Verhandlungen wieder aufgenommen und ein neuer Haushaltgipfel einberufen wird. Sehr viel Zeit bleibt allerdings nicht, wenn sie EU-Mitgliedsstaaten wollen, dass am Jahreswechsel der neue Haushaltsrahmen in Kraft treten kann.

Der Haushaltsrahmen muss sowohl im Europäischen Parlament als auch in allen Mitgliedstaaten gebilligt werden, und es braucht seine Zeit. Dazu müssen zwischen 40 und 50 weitere Gesetze erlassen werden. Gleichzeitig muss Zeit sein, um beispielsweise neue regionale Hilfsprogramme auf den Weg zu bringen. Dies kann nur geschehen, wenn die Rechtsvorschriften vorliegen und die Verhandlungen daher nicht auf Ende 2020 verschoben werden.

„Es ist noch nicht völlig klar, ob wir vor Jahresende ohne Einigung darstehen“,meint Ole Ryborg.

von

Günter Schwarz – 22.02.2020