(Washington) – Besonders viel Hochachtung für das Recht und die US-Verfassung hat der 45. Präsident der USA, Donald Trump, noch nie gezeigt. Doch die Skrupellosigkeit, mit der er in einem regelrechten Rachefeldzug gegen die Unabhängigkeit der Justiz und gegen die Freiheit der amerikanischen Gesellschaft vorgeht, ist besorgniserregend.

Wen das alles noch nicht erschreckt, der sollte sich einmal die Rhetorik anhören, mit der ein gewählter US-Präsident nun die Mitarbeiter von Polizei und Justiz sowie Andersdenkende im Volk, die es wagen, ihn zu kritisieren, als “menschlichen Abschaum” diffamiert. Natürlich zielen diese Ausfälle auch auf den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden.

Es ist nur ein kleiner Schritt vom Missbrauch der Justiz und der Sicherheitskräfte aus der Polizei, der National Guard und des Militärs zum Schutz der eigenen Spießgesellen bis zu deren Einsatz gegen politische Gegner und gegen das amerikanische Volk.

Anfangs haben Trumps Kritiker gesagt, eine gefestigte Demokratie wie die amerikanische kann das überstehen, denn die amerikanischen Institutionen sind stärker als ein unkonventioneller auf Populismus getrimmter Präsident. Doch gut drei Jahre nach dem Amtsantritt von Donald Trump lässt sich nicht mehr leugnen: Die Optimisten haben sich getäuscht!

Bei den seit Tagen anhaltenden Demonstrationen gegen die Ungleichbehandlung Farbiger gegenüber den Weißen in den USA fällt besonders auf, dass Trump ein „Anti-Präsident der unvereinigten Staaten“ ist. Dem 73-Jährigen geht es darum zu polarisieren, statt ein kulturell und soziologisch gespaltenes Land vereinen zu wollen – so wie es noch unter seinem Amtsvorgänger Barack Obama der Fall war.

Donald Trump ist eine „Ein-Mann-Plage“, der sich in Washington durch die Polizei den Weg gewaltsam mit Tränengas und Schlagstöcken von friedlichen Demonstranten freiräumen ließ, um zu Fuß eine evangelikale Kirche aufzusuchen, um dort mit einer Bibel in der Hand einen Fototermin wahrzunehmen – ein medienwirksames Unterfangen.

Donald Trump fordert ein hartes Durchgreifen gegen die landesweit laufenden Proteste. In einer Rede im Rosengarten des Weißen Hauses am Montag vor einer Woche drohte Trump unverhohlen, das Militär gegen „Akte des inländischen Terrors“ einzusetzen. Seiher hagelt es Kritik für den Präsidenten – und die kommt zunehmend auch von der eigenen republikanischen Seite.

Hochrangige Republikaner zeigen breites Entsetzen über Trumps Umgang mit den Protesten nach dem gewaltsamen Ton von George Floyd. Allen voran Colin Powell, dem ehenmaligen Vier-Sterne General, der von 2001 bis 2005 US-Außenminister unter Präsident George W. Bush in dessen erster Amtszeit war. „ Wir haben eine Verfassung, und wir folgen dieser Verfassung, aber dieser Präsident hat sich von unserer Verfassung entfernt“, sagt Colin Powell.

Powell bezeichnet Trump „gefährlich für unsere Demokratie und gefährlich für unser Land“. Trump „lügt über Dinge, und er kommt damit durch, weil die Menschen ihn nicht zur Rechenschaft ziehen“.

Auch der konservative Republikaner und Ex-Präsident George W. Bush wird die Wiederwahl Donald Trumps nicht unterstützen.

von

Günter Schwarz – 10.06.2020