Mein Großvater mütterlicherseits war Jahrgang 1902 und ist demzufolge in dem Jahr geboren

Als er 12 Jahre alt war, begann der Erste Weltkrieg, und dieser endete 1918 mit 18 Millionen Toten. Kurz vor dem Ende des Krieges brach in den USA die Spanische Grippe aus, die amerikanische Soldaten mit nach Europa „schleppten“ und die dann als weltweite Pandemie nochmals 50 Millionen Menschen tötete. Mein Großvater überstand lebend den Krieg mit 16 Jahren und als die Pandemie im April 1920 vorüber war, zählte er 18 Lenze.

Mit 27 Jahren, er war inzwischen schon seit 6 Jahren verheiratet und hatte eine Tchter, begann mit dem New Yorker Börsencrash im Oktober 1929 die globale Wirtschaftskrise, die sich auch in Deutschland kastastrophal auswirkte, Inflation, Arbeitslosigkeit und Hungersnot hervorrief und dazu beitrug, 1933, mein Großvater war 31, die NSdAP mit ihrem größenwahnsinnigen Führer „an die Macht“ zu bringen.

Er war erst 37, als „Deutschlands Heilsbringer“ 1939 den Zweiten Weltkrieg begann, zu dem mein Großvater eingezogen wurde und „Führer, Volk und Vaterland“ nahezu vom ersten Tag an mit dem Überfall auf Polen „verteidigen“ durfte. Diese „Verteidigungsleistung“ des deutschen Volkes endete, als mein Großvater seinen 43. Geburtstag gefeiert hatte, im Jahr 1945.

Während des Zweiten Weltkrieges ließen in Deutschland sowie in den von den Deutschen besetzten Gebieten rund 60 Millionen Menschen ihr Leben, wovon die damaligen Völker in der Sowjet Union allein ca. 1/3 der Gefallenen zu beklagen hatten – neben den 6 Millionen Juden und 800.000 Sinti und Roma, die in den Konzentrationslagern des „Herrenvolkes“ ermordet wurden.

Für meinen Großvater endete „Deutschlands Weltherrschaft“ allerdings erst im Alter von 44 im Jahr 1946, als er noch mit ganzen 38 kg auf den Rippen von Polen aus zu Fuß nach Hause zu Frau und Kind in sein Heimatdorf am Nord-Ostsee-Kanal kam.

Die Häscher von der SS „seines Führer“ hatten ihn im Anschluss eines Heimaturlaubs im April 1943 ins KZ Treblinka „verfrachtet“, weil er in der Dorfkneipe unvorsichtigerweise hatte verlauten lassen, dass der Krieg verloren sei – Stalingrad war im Februar 1943 von den Sowjet Truppe zurückerobert – und einer seiner unmittelbaren Nachbarn, ein „strammer Nazi“ ihn wegen dieser Aussage „angeschissen“ hatte. – Nur merkwürdig, dieser „stramme Nazi“ war nach meines Großvaters Aussage „plötzlich und unerwartet“ zum gläubigen „Christdemokraten“ mutiert und saß bis zu seinem Ableben in den 1970er Jahren als „christlicher“ Vertreter im Gemeinderat.

Als mein Großvater seinen 48. feierte, begann 1950 im Juni der Korea-Krieg, der erst 3 Jahre später im Juli 1953 mit dem bis heute noch anhaltenden Waffenstillstand endete.

Rund 2 Jahre später, mein Großvater war jetzt 55 Jahre alt, begann der Vietnam-Krieg mit der Auseinandersetzung der Nordvietnamesen und dem Vietcong und die Nationale Front für die Befreiung Südvietnams, in den die USA nach dem Tonkin-Zwischenfall 1964 unter dem Präsidenten Lyndon B- Johnson massiv eingriffen und 1965 mit ihren Bombardements auch auf Nordvietnam begannen.

Das Ende dieses Vietnam-Krieges 1975 und die totale Niederlage der US-Amerikaner durfte mein Großvater leider nicht mehr miterleben, denn 1966 – er war 64 Jahre alt – verstarb er nur wenige Wochen, bevor er in den beruflichen Ruhestand gehen sollte. Insofern fiel er dem „Vater Staat“ noch nicht einmal auf die Tasche und „plünderte“ nicht die Rentekasse, in die er während seines Berufslebens mit Ausnahme der KZ-Zeit fleißig eingezahlt hatte.

Kinder, die z. B. 1985 oder danach geboren wurden, glauben tatsächlich, dass ihre Eltern und Großeltern keine Ahnung von NIX haben, wie schwierig das Leben in der heutigen Zeit ist, aber diese „alten Herrschaften“ haben mehrere Kriege und Katastrophen überstanden und dabei oft noch mehrere Kinder großgezogen.

Und ein beispielsweise 1995 geborenes und heute 25 jähriges Kind glaubt, dass es das Ende der Welt sei, wenn sein Amazon-Paket mehr als drei Tage dauert, bis es ankommt oder wenn es nicht mehr als 15 „Likes“ für sein Foto bekommt, das auf Facebook oder Instagram gepostet wurde…

2020 leben viele von uns in Komfort, haben Zugang zu mehreren Unterhaltungsquellen und -medien zu Hause und können dank staatlicher Hilfen und gut vorbereiteten medizinischen Einrichtungen eine neue Pandemie wie das Coronavirus friedlich und relativ unbeschadet überleben.

Aber dennoch beschweren sich die Leute der Hipster-Generation, weil sie mehrere Wochen lang zu Hause bleiben müssen und nach keiner Mucke in Discos herumhüpfen dürfen. Sie haben doch zu Hause Strom, Telefon, Computer, Smartphone, Essen, heißes Wasser und ein Dach über dem Kopf, also was woll’n sie noch?.

Nichts davon gab es oftmals früher in Kriegstagen und während Wirtschaftskrisen. Die Menschheit hat schon viel schlimmere Ereignisse überstanden, und dennoch haben die Menschen ihre Lebensfreude und Zuversicht nicht so verloren, wie es bei den heutigen Hipstern oder besser „Milchbubis“ der Fall ist, die sich beschweren und gar dagegen demonstrieren, weil wir alle Masken tragen müssen, um in Supermärkte zu kommen, einzukaufen, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen…

Vielleicht wäre es an der Zeit, weniger egoistisch zu sein, aufzuhören zu jammern und zu lamentieren, denn es gibt schlimmeres als „so’n büschen Corona“ und früher oder später gibt’s sowieso ’ne Spritze dagegen…

von

Günter Schwarz – 16.08.2020

Foto: Archivbild