Mit dem 9. November als Feiertag bittet die AfD zum Tanz auf den Gräbern
Vor der ersten Lesung im Hessischen Landtag am nächsten Mittwoch (30.09.) kritisiert die Bildungsstätte Anne Frank den Gesetzesvorschlag der Hessen-AfD, den 9. November zum landesweiten Gedenk- und Feiertag zu erklären. „Mit dem Gesetzesentwurf probt die AfD den geschichtsrevisionistischen Angriff auf die Erinnerungskultur – das dürfen wir in Hessen nicht hinnehmen“, sagt Direktor Meron Mendel. „Indem die AfD den 9. November zum Feiertag erhebt, bittet sie zum Tanz auf den Gräbern der von den Nazis verfolgten und getöteten Jüdinnen und Juden.“ Mendel fordert die Parteien im hessischen Landtag auf, dem Vorstoß der AfD entschieden entgegen zu treten und ein deutliches Signal gegen Geschichtsrevisionismus im hessischen Landtag zu setzen. Der 9. November ist der Jahrestag der Novemberpogrome, mit denen am 9. November 1938 die Verfolgung der Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus einen ersten gewaltvollen Höhepunkt erlebte. Das Datum markiert einen Wendepunkt: von der antisemitischen Ausgrenzung der Juden im Nationalsozialismus hin zur offenen Verfolgung. Die AfD will nun am 9. November aber auch an andere Ereignisse erinnern, die in der deutschen Geschichte an diesem Tag stattgefunden haben – u.a. den Fall der Berliner Mauer 1989. „Indem sie den Beginn der Novemberpogrome als ein Ereignis unter vielen präsentiert, relativiert die AfD die Bedeutung, die der 9. November für die Shoah, also die systematische Verfolgung und Vernichtung der europäischen Juden hatte“, erklärt Mendel. Der Gesetzesentwurf sei Teil der AfD-Strategie, über die Betonung der positiven Aspekte deutscher Geschichte den Nationalsozialismus kleinzureden. Der Ansatz ist auch im AfDParteiprogramm (Kapitel „Kultur, Sprache und Identität“) recht deutlich ausformuliert. „Der Gesetzesentwurf kommt über die Würdigung ganz unterschiedlicher geschichtlicher Ereignisse erst einmal harmlos-bürgerlich daher, reiht sich aber ein in die kalkulierten Tabubrüche der Partei auf dem Feld der Erinnerungspolitik – von Gaulands VogelschissDiktion bis zur Forderung des Faschisten Höcke nach einer erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“, so Mendel weiter. Der Geschichtsrevisionismus der AfD zeige sich nun also auch ganz offen im hessischen Parlament: Die historische Bedeutung des 9. Novembers für die Shoah unterschlage der AfD-Gesetzestext komplett. Mehr noch werde das Ereignis falsch skizziert, indem es „insbesondere die Zerstörung von Synagogen zum Inhalt“ gehabt haben solle, so das Papier im Wortlaut. „Angesichts von etwa 800 Jüdinnen und Juden, die während der staatlich organisierten Pogrome getötet wurden, ist dieser Fokus auf Sachschäden eine unerträgliche Verharmlosung“, kritisiert Mendel. Vor der ersten Lesung des Gesetzes am Mittwoch, 30.09. um 12.15 Uhr im Hessischen Landtag appelliert Mendel eindringlich an die Parteien und fordert ein deutliches Zeichen gegen Geschichtsrevisionismus: „Die Singularität der Shoah in Frage zu stellen, ist und bleibt eine extrem rechte Position, der jeder, der sich demokratischen Werten verpflichtet fühlt, entschieden entgegentreten sollte.“ Bildungs- und Beratungsangebote der Bildungsstätte Anne Frank Als Zentrum für politische Bildung und Beratung Hessen mit Standorten in Frankfurt/Main und Kassel entwickelt die Bildungsstätte Anne Frank innovative Konzepte und Methoden, um Jugendliche und Erwachsene gegen Antisemitismus, Rassismus und verschiedene Formen von Diskriminierung zu sensibilisieren – und für die aktive Teilhabe an einer offenen und demokratischen Gesellschaft zu stärken. Lehrkräfte, Ausbilder*innen und Pädagog*innen erhalten Beratung in akuten Konfliktfällen sowie zum Umgang mit Radikalisierung und radikalisierten Jugendlichen.
Quelle: Pressemitteilung der Bildungsstätte Anne Frank vom 24.09.2020