Bestatter reservierte 200 zusätzliche Särge, als die Pandemie begann, aber die Toten lassen auf sich warten
Der Bestatter Claus Madsen reservierte 200 zusätzliche Särge, als die Coronapandemie in Dänemark begann, aber die Coronarbeschränkungen haben zu der niedrigsten Sterblichkeitsrate in Dänemark seit sechs Jahren geführt. „Doch die Münze hat eine Kehrseite“, sagt Lone Simonsen, Pandemieforscherin und Professorin an der Roskilde Universitet.
Er befürchtete italienische Verhältnisse mit vielen Toten und wollte deshalb sicherstellen, dass ihm in den geschäftigen Zeiten nicht die Särge ausgingen. Doch für den Bestatter, dem das Grindsted-Billund Begravelsesforretning (Bestattungsinstitut) gehört, kam es genau umgekehrt. „Wir liegen rund zehn Prozent mit unseren Bestattungen zurück. Es gab bisher 60 Todesfälle, und damit sind es weniger als vor der Pandemie. Und das ist spürbar“, sagt Claus Madsen.
Im Frühjahr kam TV SYD zu Claus Madsen, um in der Dokumentation „Da Corona kom til Byen“ (Als die Vorona in die Stadt kam) mit ihm als Bestattungsunternehmer zu arbeiten. Der Dokumentarfilm ging einer Reihe von Bürgern und Unternehmen in der Gemeinde Billund sehr nahe, als die Coronaepidemie über Dänemark und den Rest der Welt hereinbrach.
Der Rückgang an Sterbefällen hat sogar dazu geführt, dass die Grindsted-Billund Begravelsesforretning einen Mitarbeiter entlassen musste. Claus Madsen macht sich jedoch keine Sorgen um sein Geschäft, das seiner Meinung nach unbestreitbar immer Kunden bekommt. „Die Todesfälle kommen halt zu einem späteren Zeitpunkt. So wird es sein. Wir sind nicht unsterblich, schließlich müssen wir alle sterben“, sagt er.
Es ist jedoch nicht überraschend, dass Bestatter im ganzen Land derzeit Kunden in ihrem Geschäft vermissen. Dänemark hat die niedrigste Sterblichkeit seit 2015, gemessen in den ersten 30 Wochen des Jahres 2020. Das zeigen die Zahlen des Statens Serum Institut (SSI), das die Sterblichkeit Woche für Woche berechnet und untersucht, wie sich die tatsächliche Anzahl der Todesfälle im Durchschnitt von den letzten fünf Jahren unterscheidet.
Lone Simonsen, Pandemieforscherin und Professorin an der Roskilde Universitet, stimmt dem zu. Sie erklärt, dass soziale Distanz und gute Hygiene, die in den letzten sechs Monaten die Superwaffen waren und in erster Linie eine Coronainfektion verhindert haben, aber als Bonus auch die Ausbreitung anderer Krankheiten verhindert haben, ist der Grund dafür.
„Wir haben einen signifikanten Rückgang der Influenza-Fälle gesehen, und diese führen typischerweise zu großen Schwankungen in der Sterblichkeitskurve“, sagt Lone Simonsen und fügt hinzu, dass es paradox erscheinen mag, dass wir mitten in einer Pandemie die niedrigste Sterblichkeit seit mehreren Jahren haben.
Laut der Professorin sind es diejenigen, die normalerweise an Influenza und ähnlichen Krankheiten sterben würden, die gerettet wurden.
Aber obwohl es grundsätzlich eine gute Nachricht mit einer niedrigen Sterblichkeitsrate ist, räumt Lone Simonsen ein, dass die Münze auch eine Kehrseite hat. Die Beschränkungen hatten auch erhebliche menschliche und finanzielle Konsequenzen – Konsequenzen, die unter anderem Claus Madsen erlebt.
Jonas Herby, Chefökonom bei Cepos (Zentrum für politische Studien), ist eindeutig der Ansicht, dass der Preis für die behördlichen Beschränkungen zu hoch war. Nach seinen Berechnungen wurde während der Coronapandemie mindestens fünfmal so viel für ein Leben bezahlt, wie normalerweise dafür bezahlt wird, und hinzu kommen die menschlichen Folgen.
„Wir müssen darauf achten, den menschlichen Preis nicht zu unterschätzen. Es mag gut sein, dass ältere Menschen nicht in gleichem Maße sterben, aber ist es besser, wenn sie alleine in einem Pflegeheim sitzen und keinen Besuch erhalten?“ fragt Jonas Herby.
Darüber hinaus weist er darauf hin, dass viele neue Forschungsergebnisse zeigen, dass die Distanz und der geringere Konsum von Alkohol den entscheidenden Unterschied ausmachen und daher nicht so sehr die Initiative der Regierung.
Die Regierung selbst stimmt der Kritik jedoch nicht zu, sagt Rasmus Langhoff, gesundheitspolitischer Sprecher der Socialdemokraterne. „Wir können es uns nicht leisten, nicht das zu tun, was wir tun. Wir können es uns nicht leisten, dieses Coronavirus nicht ernst zu nehmen. Wir können es uns nicht leisten, die Bevölkerung und die Wirtschaft nicht vor Coronaviren zu schützen“, sagt er.
von
Günter Schwarz – 13.10.2020
Foto: Grindsted-Billund Begravelsesforretning