(København) – Die Demonstrationen am gstrigen mit 800 Traktoren waren vom Versamlingsverbot nicht betroffen. Am Samstag fuhren mehr als 800 Traktoren in Kolonnen zu Demonstrationen in Aarhus und København.

Die Landwirte demonstrierten gegen die Behandlung der Nerzzüchter durch die dänische Regierung, die alle Nerze im Land getötet haben möchte. Und die Fischer, die mit den Bauern sympathisierten, waren ebenso mit ihren Kuttern erschienen. Die Demonstranten, die zu Fuß und ohne Traktoren ihrem Protest kund taten, könnten eine Quelle für weitere Corona-Infektionsketten werden. Das ist die Meinung von zwei Experten, nachdem sie Videoaufnahmen aus den beiden Städten gesehen haben.

Einer von ihnen ist Hans Jørn Kolmos, Professor für klinische Mikrobiologie an der Syddansk Universitet (Universität von Süddänemark). „Es ist klar, dass Menschen keinen Meter Abstand voneinander halten, und es gibt nur sehr wenige, die Mund-Nasen-Masken tragen. Zugegeben, sie sind draußen, aber sie kommen aus allen Teilen des Landes, und das enthält alle Zutaten für eine Infektionswahrscheinlichkeit, die sich sehr verbreiten kann. Zwischen ihnen gibt es sicher auch Nerzzüchter, doch es ist ein wirklich unglücklicher ,Cocktail‘, bei dem es an allen Vorsichtsmaßnahmen mangelt“, sagt er.

Die Infektion kann im ganzen Land übertragen werden. Obwohl einige der Gruppen, die eng beieinander stehen, Familien oder andere bereits bestehende enge Kontakte sein können, glaubt der Professor nicht, dass es eine Entschuldigung für den Mangel an Distanz ist, den er in dieser Versammlung sieht. Laut Hans Jørn Kolmos wird das Risiko durch die Tatsache verschärft, dass die Demonstranten aus allen Teilen des Landes in größere Städte reisen, in denen viele Menschen leben. Er befürchtet daher, dass die Infektion verstärkt nach Aarhus und København übertragen wird, aber auch wieder ins Land gebracht werden kann.

Niels Høiby, Professor für klinische Mikrobiologie am Rigshospitalet (Reichshospital), glaubt ebenfalls, dass mit den Demonstrationen ein Risiko verbunden ist. Er hofft, dass der Wind einer möglichen Infektion die Spitze genommen hat. Er bemerkt aber auch die Nähe zwischen den anwesenden Demonstranten.

Traktordemonstration auf Langelinie am Samstag, bei der Landwirte und Fischer gegen den Umgang der Regierung mit der Demokratie und Verfassung demonstrierten.

„Ich habe nicht viele Masken gesehen, wenn ich überhaupt jemanden gesehen habe. Es ist also eindeutig eine Risikosituation, in der wir uns befinden, wenn so viele Menschen zusammenkommen. Und es kann sehr gut einige geben, die infiziert und ansteckend sind, obwohl sie keine Symptome haben“, sagt er.

Dieses ist nicht das erste Mal, dass eine Demonstration Experten zum Stirnrunzeln bringt. Am 7. Juni nahmen mehr als 15.000 Demonstranten an einer Demonstration der Black Lives Matter teil, die nach dem Tod des schwarzen Amerikaners George Floyd stattfand, bei dem einem Polizeibeamter vorgeworfen wird, ihn getötet zu haben. Diejenigen, die an der Demonstration teilnahmen, gingen von Østerbro nach Christiansborg und waren ungefähr drei Stunden zusammen. Damals waren die Infektionsraten noch deutlich niedriger als heute. Anschließend wurde jedoch festgestellt, dass zehn Teilnehmer und zwei ihrer engen Kontakte mit Coronavirus infiziert wurden. Dieses wurde von der dänischen Agentur für Patientensicherheit angegeben, die jedoch nicht mit Sicherheit feststellen konnte, ob die betreffenden Personen während der Demonstration infiziert worden waren.

Zu dieser Zeit forderten der Gesundheitsminister Magnus Heunicke (Socialdemokraterne) alle Teilnehmer, die während der Demonstration in der Nähe gestanden hatten, auf, sich testen zu lassen, unabhängig davon, ob sie Symptome hatten oder nicht.

Obwohl das Versammlungsverbot derzeit eine Obergrenze von zehn Personen besagt, sind Demonstrationen von diesen Regeln ausgenommen. Das Demonstrationsrecht ist in der Verfassung verankert und fällt daher nicht unter die Beschränkungen. Weder Niels Høiby noch Hans Jørn Kolmos glauben, dass Demonstrationen verboten werden sollten, obwohl es ein Coronavirus gibt, aber die Teilnehmer sollten wirklich gründlich darüber nachdenken und sich entsprechend verhalten.

„Es ist vollkommen in Ordnung, dass wir demonstrieren, aber wir müssen es auf coronasichere Weise tun, und es war nicht coronasicher, was wir heute gesehen haben. Aus ansteckender Sicht war es ein wirklich unglückliches Verhalten“, sagt Hans Jørn Kolmos.

Laut dem Statens Serum Institut entwickeln die meisten Menschen, die mit einem neuen Coronavirus infiziert sind, Symptome zwischen einem und 14 Tagen, nachdem sie der Infektion ausgesetzt waren. Im Durchschnitt dauert es ungefähr eine Woche, bis die Symptome auftreten.

von

Günter Schwarz – 22.11.2020

Fotos: Syddansk Universitet