(Aalborg) – Wenn das Aalborg Teater am Samstagabend die Premiere der Aufführung „Tine“ live überträgt, werden die Aufführung fast ebenso viele Zuschauer wie sonst eines ganzen Monats besuchen. Was macht ein Theater, wenn es wegen Corona mehrere Wochen lang geschlossen wird? Das Aalborg Teater kann eine Antwort geben, denn als erstes Theater in Dänemark wird es online eine Uraufführung zeigen.

Und es scheint, dass auf den virtuellen Stuhlreihen deutlich mehr Publikum sein wird, als das Haus es in dem realen Zuschauerraum gewohnt ist. Gestern, am Freitag, waren die letzten Vorbereitungen auf der Bühne im Gange, während die vielen Kameras im Zuschauerraum vor der Generalprobe aufgestellt wurden. Denn am heutigen Samstag wird das Aalborg Teater die Aufführung „Tine“ von Herman Bang (deutscher Titel: Perlentaucher) uraufgeführt – und sie wird online stattfinden.

„Es sind die Nerven, die immer vor einer Premiere angespannt sind. Aber natürlich ist es etwas ganz Besonderes, was morgen Abend passieren wird“, sagte der Chefdramatiker des Aalborg Teaters, Jens Christian Lauenstein, gestern.

Das Aalborg Teater ist das erste Theater in Dänemark, das sich für einen Livestream einer Uraufführung entschieden hat – mit der Möglichkeit, dass jeder in ganz Dänemark es sehen kann. Weit mehr als 4.000 Theaterfreunde haben sich angemeldet.

„Wir sind fest entschlossen, Theater für ein Publikum zu spielen, und nicht nur für uns. Und die Aufmerksamkeit, die wir erhalten haben, nachdem uns gesagt wurde, dass wir Livestreaming betreiben, ist ziemlich überwältigend und legt nahe, dass die Menschen Kunst und Kultur sehen wollen“, sagt er.

Und am Vortag, wo unter anderem eine Generalprobe stattfinden musste, wurde auch das technische Setup bis ins kleinste Detail getestet. Es gibt auch spezielle Anforderungen an die Schauspieler, die ohne die normale Energie des Publikums vor einem leeren Saal spielen müssen. „Die Schauspieler müssen über ihre Schatten springen und natürlich das Bewusstsein haben, dass die Kameras nichts Schlechtes sind“, sagt der Chef-Dramatiker.

Normalerweise ist im Theater Platz für 450 Zuschauer. „Bisher haben sich mehr als 4.600 Zuschauer für die Übertragung auf Facebook angemeldet. Wenn morgen Abend tatsächlich 4.000 vor dem Bildschirm sitzen und zuschauen, ist das ein großer Erfolg. Das ist ungefähr die Hälfte dessen, was wir in einem ganzen Monat an Gästen haben.“

Die Uraufführung wird heute Abend um 19:00 Uhr live übertragen, und der Eintritt ist frei.

Anmerkung zum Inhalt von „Tine“ (Perlentaucher): Tine, die Tochter des Küsters auf einer malerischen dänischen Ostseeinsel, ist bei dem jungen Ehepaar Berg ein gern und häufig gesehener Gast. Vor allem mit Frau Berg verbindet sie eine innige Freundschaft.

Doch dann bricht jäh der Krieg in die Idylle ein: Tines friedliches Heimatdorf liegt plötzlich am Rand eines Schlachtfelds, Flüchtlinge und Verwundete werden einquartiert, während der Kanonendonner immer näher rückt. Inmitten der spannungsgeladenen Atmosphäre wird sich Tine ihrer lange verdrängten Gefühle für Berg bewusst.

Vor dem Hintergrund des deutsch-dänischen Krieges 1864 entfaltet sich eine leise, melancholische Liebesgeschichte, in verhaltenen Gesten und zaghaften Blicken zunächst nur angedeutet.

Quelle: TV NORD – übersetzt und bearbeitet von

Günter Schwarz – 23.01.2021

Foto: TV NORD