(Kiel) – 76 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist dieser Tag in diesem Jahr zum ersten Mal ein offizieller Gedenktag. Auf dem Landeshaus in Kiel wehen deshalb heute weiße Flaggen.

„Die Flaggen sind ein universell verständliches Symbol für den Frieden und ein öffentlich sichtbares Zeichen des Gedenkens, und gleichzeitig stünden sie für den Neuanfang Europas“; erklärte Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU).

Es ist eins der ambivalentesten Daten der jüngeren deutschen Geschichte: der 8. Mai, der an die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht 1945 erinnert. Es war das Ende des NS-Regimes und des Zweiten Weltkriegs, was auch den Verlust der ehemals deutschen „Ostgebiete“ im heutigen Polen bedeutete. Da aber ein Großteil der Deutschen das NS-Regime unterstützt hatte – und sei es als MitläuferIn –, wurde dieser Tag von Vielen nicht als Befreiung, sondern als Demütigung empfunden.

„Dass es KZ-Gefangene, Verfolgte, Zwangsarbeiter*innen gab, die das Kriegsende herbeigesehnt hatten, blendete man aus“, sagt Harald Schmid von der Landesarbeitsgemeinschaft Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Schleswig-Holstein e. V. Er hat 2020 eine Online- und Landtagspetition mitinitiiert, in deren Folge Schleswig-Holstein den 8. Mai in diesem Jahr erstmals als Gedenktag begeht.

Es sei „befremdlich und unverständlich“, so die Petition, „dass das demokratische Deutschland es bis heute mehrheitlich vermieden hat, den 8. Mai offiziell zu einem seiner wichtigsten politischen Gedenktage zu erheben.“ Erst diese Zäsur habe eine friedliche, demokratische, rechtsstaatliche Entwicklung ermöglicht.

Erst nach der Wende kam in Deutschland Bewegung in die Debatte um die Begehung des 8. Mai:

  • Mecklenburg-Vorpommern machte den 8. Mai schon im Jahr 2002 zum Gedenk-, nicht aber zum arbeitsfreien Feiertag,
  • Brandenburg und Thüringen folgten 2015,
  • Bremen 2020.
  • Hamburgs Bürgerschaft diskutierte 2018, ob der Frauentag, der 8. Mai oder der Reformationstag Feiertag werden solle. Dabei hatten sich die MinisterpräsidentInnen der vier norddeutschen Bundesländer längst auf den Reformationstag geeinigt, erinnert sich Norbert Hackbusch von der Linksfraktion.

Da ein Feiertag – das weit stärkere Symbol – also nicht durchsetzbar schien, forderte der schleswig-holsteinische „Initiativkreis“ 2020 lediglich einen Gedenktag. Der Landtag stimmte zu – und wird ihn ab dem Jahr 2021 mit weißen Flaggen der Künstlerin Utu Jürß auf dem Landeshaus begehen.

von

Günter Schwarz – 08.05.2021

Foto: Archivbild