SHMF startet mit Konzert in Lübeck
(Lübeck) – Das Schleswig-Holstein Musik Festival startet. Der Pianist Jan Lisiecki und das NDR Elbphilharmonie Orchester spielen am heutigen Samstagabend des 03. Juli um 20:00 Uhr das Voreröffnungskonzert in der Lübecker Kongresshalle.
Neben Beethovens drittem Klavierkonzert wird die Sinfonie Nr. 6 von Franz Schubert erklingen. Schubert entwickelte darin mit farbenreichen Harmonien und liedhafter Melodik seinen eigenen Stil. Eigentlich sollte Stargast Hélène Grimaud das Festival eröffnen. Aufgrund von Reisebeschränkungen musste Grimaud ihre Teilnahme an den Eröffnungskonzerten des Schleswig-Holstein Musik Festivals 2021 jedoch absagen.
Es weht ein frischer Wind durch das Schleswig-Holstein Musik Festival – rund zwei Drittel aller Veranstaltungen werden nicht zuletzt wegen der Corona-Pandemie unter freiem Himmel stattfinden. Für das Publikum ist es ein großer Vorteil, denn bei den Open-Air-Konzerten muss keine Maske getragen werden.
„An Konzertsälen verwöhnte Künstler zu bewegen, an der frischen Luft aufzutreten, war wider Erwarten auch gar nicht so schwer“, sagt Festivalintendant Christian Kuhnt, es ergebe jedoch nicht immer Sinn, denn ein Liederabend oder ein Kammermusikabend ist unter freiem Himmel ganz schwierig zu bewerkstelligen Deswegen habe sich das SHMF dazu entschieden, in Schleswig eine Kammermusik-Bühne zu errichten. „Das ist zwar auch unter freiem Himmel, aber das Publikum sitzt überdacht und die akustischen Bedingungen sind optimal“, erklärt Kuhnt.
In Emkendorf ist eine riesige Bühne hinter dem Herrenhaus des Guts geplant. „Da hat dann auch ein Orchester Platz – also wir passen die Bühnensituation der jeweiligen Musik an.“ Geigen-Punk Nigel Kennedy darf mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen ebenso die frische Emkendorfer Luft genießen wie Justus Frantz, der ein gefälliges Mozart-Beethoven-Programm im Gepäck mit seiner Philharmonie der Nationen auf die Open-Air-Bühne im Park eingeladen ist.

Geplant hat der Festivalintendant fast wie früher die kompletten acht Wochen vom 03 Juli bis zum 29. August mit einer Komponisten-Retrospektive für Franz Schubert in diesem Jahr und der französischen Starpianistin Hélène Grimaud im Solistenporträt. Das SHMF ist immer eine Herausforderung für den musikalischen Stargast. „Sie müssen sich auf das Abenteuer Schleswig-Holstein Musik Festival einlassen, viel durch das Land reisen und wissen, dass sie die ein oder andere Spielstätte haben, wo vielleicht die Akustik nicht so toll ist, aber dafür die ganze Umgebung derartig charmant, dass es das wieder aufwiegt“, erklärt Frank Siebert, der Chefplaner des Festivals.
In einem Dutzend unterschiedlichster Konzerte wird Hélène Grimaud in Schleswig-Holstein ihre musikalische Visitenkarte abgeben. „Das Schöne ist ja bei diesem Künstlerporträts, dass man alle Freiheiten hat“, sagt Christian Kuhnt. So wird Grimaud unter anderem mit dem Cellisten Jan Vogler als Duo auftreten, in Kiel und Flensburg auch mal alleine auf der Bühne stehen und in Neumünster mit dem Zürcher Tonhalle-Orchester unter Paavo Järvi spielen. „Sie begleitet also viele ganz verschiedene Dinge, vom Soloabend bis zum großen Orchesterkonzert“, erklärt der Intendant.

Neben den beiden traditionellen Schwerpunkten des SHMF, Komponisten-Retrospektive und Solistenporträt, tobt sich Christian Kuhnt auf seiner musikalischen Spielwiese aus. Auch Pop-Stars wie Tom Jones und Milow und Stilrichtungen wie Klezmer, Swing und Tango finden mit Ensembles wie Bandonegro und dem Monaco Swing Ensemble ihren Platz.
Und dann hat Christian Kuhnt noch einen weiteren Schwerpunkt in sein Programm geschmuggelt. „Franz Schubert war ja Wiener, und wir haben uns die Frage gestellt wie würde eigentlich Franz Schubert heute klingen? Und er wäre ziemlich sicher ein Liedermacher“, sagt der Intendant grinsend.
Deswegen habe man österreichische Liedermacher wie Wolfgang Ambros und Rainhard Fendrich eingeladen. Auch Konstantin Wecker, der ein ausgewiesener Franz Schubert-Fan ist, und eine ganze Menge junge Ensembles kommen. „Da haben wir noch einen weiteren Schwerpunkt, auf dem man sich freuen kann und der auch sehr gut Open-Air-geeignet ist“, schildert Kuhnt.

Wolgang Ambros, Gesang & Gitarre
Günter Dzikowski, Keyboards, Gitarre & Mundharmonika
Roland Vogl, Gitarre, Bass & Ukulele
Sogar ein ganzes Wiener Wochenende auf dem Gelände der NordArt in Büdelsdorf findet sich in dem fast 90 Seiten starken Programmheft. Unter anderem mit „Schuberts Winterreise“, gesungen von Tenor Julian Prégardien, der von Musikern des Schleswig-Holstein Festival Orchesters begleitet wird.
Das Konzert wird ebenso im Rahmen des ARD Radiodestivals zu hören sein, wie der Abend mit Sol Gabetta und dem Kammerorchester Basel in Lübeck und das Abschlusskonzert, in dem Daniil Trifonov und das NDR Elbphilharmonie Orchester das zweite Klavierkonzert Sergei Rachmaninoffs spielen.
Jan Lisiecki eröffnet mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester das SHMF 2021. Das zweite Eröffnungskonzert wird am Sonntag, dem 4. Juli 2021, vom NDR auf 3sat und sowie auf NDR Kultur live übertragen: https://www.ardmediathek.de/live/Y3JpZDovLzNzYXQuZGUvTGl2ZXN0cmVhbS0zc2F0/
Anmerkung: Informationen zum Stargast Hélène Grimaud:
Hélène Grimaud wurde 1969 in Aix-en-Provence geboren und studierte Klavier am dortigen Conservatoire und anschließend in Marseille. Mit 13 Jahren wurde sie am Pariser Conservatoire angenommen, wo sie schon drei Jahre später den ersten Preis im Fach Klavier erhielt.
1987 gab sie ihr erstes Recital in Tokio und konzertierte mit dem Orchestre de Paris unter Daniel Barenboim. 1995 debütierte sie bei den Berliner Philharmonikern unter Claudio Abbado und 1999 beim New York Philharmonic unter Kurt Masur. Noch im selben Jahr wurde im Staat New York ihr „Wolf Conservation Center“ eröffnet. 2003 kam ihr erstes Buch „Wolfssonate“ auf den Markt, 2005 und 2013 folgten die Romane „Lektionen des Lebens“ und „Das Lied der Natur“.

Ausgedehnte Tourneen führten Hélène Grimaud in die renommiertesten Konzertsäle rund um den Globus. Zu ihren musikalischen Partnern zählen etwa Sol Gabetta, Rolando Villazón, Gidon Kremer und Jan Vogler. Zu den Höhepunkten der letzten Jahre gehörten Konzerte mit Andris Nelsons und dem Gewandhausorchester Leipzig in Leipzig, Hamburg, Paris, Luxemburg, München und Wien, mit dem Philadelphia Orchestra und Yannick Nézet-Séguin in Philadelphia und in der New Yorker Carnegie Hall sowie mit „MusicAeterna“ und Teodor Currentzis in Luxemburg und München.
Seit 2002 ist Hélène Grimaud Exklusivkünstlerin der Deutschen Grammophon. Für ihre Einspielungen erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter der Cannes Classical Award, der Diapason d’or und der ECHO Klassik. Für ihren Beitrag zur klassischen Musik wurde sie 2015 von der französischen Regierung im Rang eines Ritters in die Ehrenlegion aufgenommen.
Beim Schleswig-Holstein Musik Festival war Hélène Grimaud bisher in den Jahren 2013 und 2017 zu erleben. 2021 ist sie als Porträtkünstlerin mit elf Konzerten beim Festival zu Gast.
von
Benedikt Stubendorf / NDR – 03.07.2021
Fotos: NDR