(Sachsenhausen-Oranienburg / Neuruppin) – 76 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wird ein Mann wegen Mittäterschaft bei der Ermordung von Häftlingen in Konzentrationslagern vor das Landgericht in Neuruppin gestellt. Ein inzwischen 100-jähriger Mann soll im Herbst dieses Jahres wegen Mittäterschaft an 3.518 Morden vor Gericht erscheinen.

Er soll dazu beigetragen haben, als er während des Zweiten Weltkriegs drei Jahre lang im Konzentrationslager Sachsenhausen bei Oranienburg nördlich von Berlin Wache hielt. Das schreibt die deutsche Zeitung Welt am Sonntag nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters.

Im Konzentrationslager waren rund 200.000 Menschen inhaftiert, etwa 20.000 von ihnen kamen dort während des Zweiten Weltkrieg durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit, medizinische Versuche und Misshandlungen um oder wurden Opfer von systematischen Vernichtungsaktionen. Ab Frühjahr 1942 wurde dort eine Vernichtungsanlage mit Genickschussanlage, Gaskammer und Krematorium errichtet. Der heute 100-Jährige diente von Januar 1942 bis Februar 1945 im Lager als Wachmann, als er selbst Anfang 20 war.

Im Oktober, mehr als 76 Jahre nach Kriegsende, steht er wegen seiner in diesem Zeitraum begangenen mutmaßlichen Verbrechen vor einem Richter. Gerichtspräsident Frank Stark erwartet, dass der 100-Jährige vor Gericht erscheint, da er ihn für verhandlungsfähig hält.

Der Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, sagte über die Anklage des ehemaligen KZ-Wachmannes: „Für die hochbetagten Überlebenden der deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager ist auch dieser Prozess ein wichtiges Beispiel dafür, dass die Gerechtigkeit kein Verfallsdatum kennt und die Verfolgung der SS-Täter auch im hohen Alter kein Ende finden darf.“

Der alte Mann ist bei weitem nicht der erste ehemalige Gefängniswärter, der sich in den letzten Jahren wegen Verbrechen, die vor vielen Jahrzehnten begangen wurden, vor Gericht gestellt hat. Ein Urteil aus dem Jahr 2011 gegen einen ehemaligen Wärter im KZ Sobibor ebnete den Weg für die Strafverfolgung von Menschen – nur weil sie in den Lagern ihren Dienst taten. Es müssen also keine Beweise dafür vorliegen, dass sie selbst an den Tötungen beteiligt waren.

2015 wurde unter anderem der ehemalige SS-Soldat Oskar Gröning, der zeitweise Buchhalter im berüchtigten Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau war, für schuldig befunden, 300.000 Menschen getötet zu haben. Zum Zeitpunkt der Verurteilung war er 94 Jahre alt und hatte zugegeben, in zwei Fällen, in denen Juden getötet wurden, anwesend gewesen zu sein. „Ich habe daran nicht teilgenommen“, sagte er laut New York Times vor Gericht. Gröning wurde zu vier Jahren Haft verurteilt. Er starb 2018 im Alter von 96 Jahren, kurz vor Antritt der Haftstrafe.

1979 beschloss der Bundestag, die Verjährungsfrist für Tötungen aufzuheben. Die Aufhebung der Vejährung ermöglichte es Nazi-Jägern, mutmaßliche Kriegsverbrecher aufzuspüren, damit sie vor Gericht gestellt werden konnten. Jens Rom „Kristeligt Dagblad“ zuvor berichtet.

Von 2015 bis 2020 war Rommel Leiter des Büros, das für die ersten Ermittlungen gegen Personen zuständig war, die verdächtigt wurden, an Verbrechen der Dritten Welt beteiligt zu sein. Insgesamt sechs Millionen Menschen wurden während des Holocaust getötet, ein Begriff, der verwendet wird, um die nationalsozialistische Verfolgung und die Versuche, Juden in Europa während des Zweiten Weltkriegs zu vernichten, zu beschreiben.

Quelle: TV2 – übersetzt und bearbeitet von

Günter Schwarz – 01.08.2021

Foto: Archivbilder vom KZ Sachsenhausen