Ashils kleine Schwester ist in Afghanistan gefangen: „Ich zittere innerlich – das sieht man nur nicht“
(Tommerup) – Die Schwester von Ashil Farokh lebt mitten in Kabul. 1992 floh er selbst vor den Taliban, jetzt kann er nur noch erleben, wie sich die Tragödie wiederholt. Im Tommerup Stationsby (Bahnhof) geht das Leben des sozialdemokratischen Stadtratspolitikers Ashil Farokh weiter, während das Leben seiner kleinen Schwester in ihrer Heimat Afghanistan von den Taliban zerrissen wird.
Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Kabul. „Sie haben wirklich Angst“, sagt Ashil Farokh TV 2 Fyn. Das gleiche gilt für den großen Bruder selbst. „Ich zittere innerlich. Sie können es nur nicht sehen“, sagt er. Der Politiker hat neben seiner Schwester auch mehrere Tanten, Cousins und Cousinen in Afghanistan.

Seit dem Wochenende, als die islamistische Bewegung die Taliban die Hauptstadt eroberte, hat er täglich Telefonkontakt mit seiner Familie, doch die Gespräche werden immer schwieriger. „Ich habe gestern gespürt, dass sie nicht nur darüber reden wollen, aus Angst, dass das Telefon abgehört wird. Es ist schwierig, direkt zu sprechen. Wir sind aufgrund der Erfahrungen, die wir mit den Taliban in den 1990er Jahren gemacht haben, in die Selbstzensur gegangen“, sagt Ashil Farokh.
1992 floh er selbst vor dem Taliban-Regime. 2001 kam er nach Dänemark, wo er heute mit seiner Frau und seinen Kindern lebt. Neben seiner Tätigkeit als Stadtrat in der Kommune Assens ist er in der Kommune Odense als Berater tätig. Laut Ashil Farokh fürchten mehrere seiner Familienmitglieder wegen ihrer früheren Arbeit für afghanische Verbündete um ihr Leben.
„Wir sind machtlos, wir können nichts tun. Manchmal frage ich mich, ob ich ein Flugzeug nach Afghanistan nehmen soll – wenn die zivilen Flugzeuge wieder nach Afghanistan fliegen. Was sollte ich tun? Die Optionen sind im Moment null. Es ist eine schwierige Situation, weil wir gar nichts machen können“, sagt er.
Seit 20 Jahren hielten westliche Truppen – darunter auch Dänemark – unter Führung der USA die Taliban in Afghanistan in Schach. Im vergangenen Jahr unterzeichneten die USA ein Friedensabkommen mit den Taliban, in diesem Sommer wurden die alliierten Soldaten, darunter auch die letzten dänischen Soldaten, nach Hause geflogen.

Seitdem begann der Vormarsch der Taliban. „Wir haben einen Krieg zwischen vielen religiösen Fraktionen und später die Übernahme der Taliban und die Unterdrückung der Gesellschaft und der Bürger erlebt. Natürlich befürchte ich, dass so etwas noch einmal passiert“, sagt Ashil Farokh.
Er war 2012 Mitbegründer des fynske (fünischen) Vereins „From Street to School“, der dafür sorgen sollte, dass afghanische Kinder zur Schule kommen, indem er den Familien das zahlt, was die Kinder sonst auf der Straße verdienen könnten. Nun ist ungewiss, ob die Vereinsarbeit weitergeführt werden kann.
„Im Moment befinden wir uns in der Situation, dass wir nicht wissen, ob wir unsere Aktivitäten in Afghanistan fortsetzen können. Zudem sei unklar, wie Geld in das von den Taliban kontrollierte Land überwiesen werden soll“, sagt Ashil Farokh.
Bevor die Taliban die Kontrolle über das Land übernahmen, sorgte der fynske Verein dafür, dass etwa 150 afghanische Jungen und Mädchen zur Schule gehen konnten.
Quelle: TV2 FYN – übersetzt und veröffentlicht von
Günter Schwarz – 21.08.2021
Fotos: TV2 FYN