Experten sind sich sicher: Die Rede von Olaf Scholz in der heutigen Sondersitzung des Deutschen Bundestages in seiner Regierungserklärung ist wegweisend und wird die dänische Außen- und Verteidigungspolitik beeinflussen. Deutschland wird über zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIS) des Landes in die Verteidigung investieren und stellt bereits jetzt 100 Milliarden Euro für militärische Investitionen bereit.

Das war die Botschaft einer aufsehenerregenden Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntagmorgen im Deutschen Bundestag.“Wir müssen mehr in die Sicherheit unseres Landes investieren, um unsere Freiheit und Demokratie zu schützen. Wir wollen eine Verteidigung, die uns effektiv schützt. Wir werden den Verteidigungshaushalt 2022 um 100 Milliarden für militärische Investitionen erhöhen. Wir tun es zu unserer eigenen Sicherheit“, sagt Scholz.

100 Milliarden Euro entsprechen ungefähr 744 Milliarden Dänische Kronen. Dieses sei ein Wendepunkt in der deutschen Politik, fügte der Bundeskanzler hinzu. „Die Welt wird in Zukunft nicht mehr so sein wie zuvor.“

Am Samstagabend kündigte die Bundesregierung an, von einer jahrelangen Politik gegen Rüstungsexporte in Kriegsgebiete abzurücken und sowohl Stinger-Raketen als auch Panzerabwehrwaffen in die Ukraine zu schicken. Großen Applaus erhielt der Bundeskanzler, als er in der Rede erwähnte, dass Deutschland Waffenlieferungen an die Ukraine zugesagt habe. Gleichzeitig betonte er, Deutschland unterstütze den Ausschluss wichtiger russischer Banken aus dem Bankensystem SWIFT.

„Das Sanktionspaket ist beispiellos. Wichtige russische Banken werden aus dem SWIFT-System hinausgeworfen, und wir müssen uns weitere Sanktionen vorbehalten“, sagt Scholz. Auch Deutschland werde künftig stark in erneuerbare Energien investieren und sich durch die Erschließung anderer Energiemärkte unabhängiger von russischem Gas machen, betonte der Bundeskanzler.

Es war eine Rede, an die man sich noch in 50 Jahren erinnern wird. Die deutsche Verteidigungspolitik ist aufgrund der kriegerischen Geschichte des Landes im 20. Jahrhundert lange von Zurückhaltung geprägt gewesen. Deshalb sei auch die Botschaft der Rede außerordentlich sensationell“, sagt TV 2-Deutschland-Analyst Mirco Reimer-Elster.

Er warnt davor, Reden als „historisch“ zu bezeichnen, hält dieses aber in diesem Fall für angebracht. „Das war eine historische Rede. Ein kompletter Paradigmenwechsel und ein Showdown mit der deutschen Außenpolitik, wie wir sie kennen.§ Das Bemerkenswerteste, so Mico Reimer-Elster, sei, dass Deutschland pauschal 100 Milliarden Euro zur Stärkung der deutschen Verteidigung aufbringen werde, aber auch, dass Deutschland künftig mehr als 2 Prozent des BIP für die Verteidigung ausgeben werde.

In rund 30 Minuten hat Scholz mit dem seit dem Kalten Krieg herrschenden Denken in der deutschen Außenpolitik aufgeräumt und die Beziehungen zu Russland neu interpretiert und gleichzeitig den anderen Ländern in Europa klar gesagt: „Man kann sich nicht hinter Deutschland verstecken. Es ist eine einzigartige Rede, über die wir in 25 und 50 Jahren sprechen werden.

Laut TV 2-Korrespondentin Lotte Mejlhede tritt Deutschland politisch aus dem Schatten, der seit dem Zweiten Weltkrieg über dem Land schwebt. „Es gab diesen Schatten des Krieges, der die NATO und die anderen Länder in Europa sagen ließ: ,Wir mussten Deutschland berücksichtigen‘. Jetzt ist Schluss“, sagt Lotte Mejlhede.

Sie glaubt, dass die Rede die dänische Außenpolitik für viele Jahre beeinflussen wird. Dänemark ist sicherheitspolitisch traditionell in den Windschatten Deutschlands geraten. „Diese Rede wird in vielen Parlamenten in Europa eine Debatte auslösen. Es sei vorbei, sich hinter Deutschland zu verstecken“, sagt Lotte Mejlhede.

Quelle: TV2 – übersetzt und bearbeitet von

Günter Schwarz – 27.02.2022

Foto: Archivbild