(København) – Die sozialdemokratische dänische Regierung will die strafrechtliche Bestimmung über psychologische Gewalt auf religiöse Scheidungsverträge ausweiten. „Noch vor Weihnachten wird die Regierung eine Gesetzesvorlage vorlegen, die für Imame, die hinter den sogenannten Scharia-Verträgen stehen, eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren zur Folge haben könnte“, sagte der Minister für auswärtige Angelegenheiten und Integration, Mattias Tesfaye (Socialdemokraterne), gegenüber der Tagezeitung „Berlingske“.

Die Regierung will die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs über psychologische Gewalt auf negative soziale Kontrolle, die Verwendung religiöser Scheidungsverträge und andere Dinge ausweiten, um Menschen muslimischen Glaubens mit der dänischen Rechtsprechung vor islamischen Religionsgesetzen zu schützen.

„Wir müssen es ernster nehmen, wenn wir Beispiele von Imamen sehen, die sich in Scheidungsfällen einmischen, und ich denke, dass die Änderungen des Gesetzes, die wir vornehmen wollen, besonders für muslimische Frauen sehr wichtig sein können. Wir dürfen Imame keine Freiläufe gewähren, um sich in Scheidungen so einzumischen, um die dänische Gesetzgebung beiseite zu schieben“, sagt der Minister zu „Berlingske“.

Die neue Gesetzgebung könnte auch Familienmitglieder betreffen, die Kontrolle auf Mitglieder in ihren Familien ausüben, schreibt die Zeitung.

Es hat weit verbreitete politische Empörung ausgelöst, dass eine Frau in Odense einen Scharia-Vertrag unterzeichnet hat, um sich von ihrem Ehemann scheiden zu lassen. „Berlingske“ ließ das Dokument übersetzen, das laut der Zeitung von Imam Abu Bashar erstellt wurde und auf dem Scharia-Gesetz basiert. Eine Klausel des Vertrags besagt, dass die Frau dem Mann 75.000 Kronen (10.000 Euro) zahlen muss, um sich scheiden zu lassen. Sie verliert auch das Recht auf die beiden Kinder des Paares, wenn sie einen anderen Mann findet.

Zu „Berlingske“ sagt Halima El Abassi, Vorsitzende des Rates für ethnische Minderheiten und Forscherin in ehrenbezogenen Konflikten, dass einer Scheidung keine Bestrafung folgen darf. Sie befürchtet jedoch, dass der Gesetzesvorschlag „Frauen, Familien und Imame weiter in die Dunkelheit drängt und die Meinung bekräftigt, dass Politiker die Muslime bestrafen wollen“. Die Gesellschaft sollte stattdessen eine Alternative zu den sogenannten Scharia-Verträgen anbieten, aus den die Frauen oft keinen anderen Ausweg haben, erklärt sie der Zeitung.

Mattias Tesfaye räumt ein, dass die Verträge nur einen Teil des Problems lösen.

Die Sprecherin der Enhedslisten (Einheitsliste), Rosa Lund, steht dem Vorschlag positiv gegenüber. Gleiches gilt für den Sprecher der Venstre (Rechtsliberale Partei), Mads Fuglede. Das sagen sie der „Berlingske“.

von

Günter Schwarz – 07.10.2020

Foto: Archivbild