Nach jedem Amoklauf wie in Würzburg, München, Sankt Gallen usw. entfacht eine heiße Diskussion über die Auswirkungen der gewaltverherrlichenden Spiele, oder Killerspiele wie sie hierzulande auch oft genannt werden. Wie nicht anders zu erwarten, entstehen dabei immer zwei Fronten und eine neutrale Schicht. Einmal die Gegner von Killerspielen, dann die Spieler selbst die naturgemäß nichts Schlimmes darin sieht und wie immer eine Mittelschicht: „Jeder muss selbst wissen…“

Auch die Wissenschaft, die Psychologen versuchen sich mit dem Thema. Kurioserweise entstehen hier genau die gleichen Parteien, Psychologen die zum Ergebnis kommen, Killerspiele sind kein Auslöser für Amokläufer, dann wiederrum Psychologen die sehr wohl einen Zusammenhang zwischen gewaltverherrlichenden Spielen und den Amokläufen sehen. Und wie auch diesmal nicht anders zu erwarten, kommt man auch hier zu keinem echten Ergebnis, was letztendlich jemanden zur eigenen Ansicht zwingt. Keiner von denen kann seinen Standpunkt beweisen.

Und letztendlich bedeutet es auch für den neutralen Beobachter, er muss selbst abwägen, was ist denn tatsächlich ein Beweis. Und hier neigt jeder entsprechend seinen Neigungen die „Beweise“ anzunehmen oder abzulehnen. Manche wenden ein: „Es ist doch nur ein Spiel“, oder „es sind doch nur Bits und Bytes, da gehört schon eine Menge Phantasie dazu eine Gefahr darin zu sehen“. Andere wie bereits erwähnt, sagen: „Jeder sollte es selbst entscheiden.“ Auch hört man: „Nicht jeder der Killerspiele spielt, wird dadurch auch zum Killer.“

Sind nun Killerspiele wirklich belanglos, und die Gegner der Killerspiele blähen die ganze Sache nur auf, dramatisieren die Sache, oder verbirgt sich hinter diesen „belanglosen“ Spielzenen doch etwas was einem zu denken geben sollte ? Wird etwas beschwichtigt was in Wirklichkeit eine Gefahr darstellt, wie auch immer?

Nun, bereits am Anfang kann man sagen, ohne großartig in die Tiefe zu gehen, es gibt im Leben vieles was man einfach nicht tut, obwohl sie keine Katastrophe auslösen oder eine Gefahr darstellen. Man macht sie einfach nicht. Manchen Dingen die keinen Schaden zufügen, geht man trotzdem aus dem Weg. Ein Hundehaufen auf der Straße z. B. verursacht keine Personenschäden, trotzdem tritt man nicht hinein, sondern weicht ihm aus. In einem feinem Restaurant (in einem normalen aber auch) lässt man keinen fahren oder man rülpst nicht während Andere essen. Obwohl diese Dinge tatsächlich zur Natur des Menschen gehören und auch keinen Schaden anrichten. (außer, dass eine überempfindliche Dame in Ohnmacht fällt…)

Obwohl es überhaupt niemanden und nichts schadet, sind (Ehe)Frauen entsetzt, wenn ihre Männer stehend, oder ins Waschbecken pinkeln. Es gehört zur guten Erziehung, die Kloschüssel hinterher mit der Bürste zu reinigen, und keinen „Saustall“ zu hinterlassen. Alle diese Dinge stellen keine Gefahr dar, sondern gehören zum guten Ton und zur guten Erziehung. Aber über jemanden, der sie fortgesetzt tut, würde man trotzdem den Kopf schütteln. Gehören also Killerspiele auch in diese Kategorie, man macht es einfach nicht? Ist, bzw. wäre das der einzige Grund sie zu meiden?

Ob nun Killerspiele irgendwelche psychischen Reaktionen oder psychischen Störungen auslösen, möchte ich weder behaupten noch irgendwelche Theorien aufstellen. Betrachten wir die Killerspiele jedoch unter einem anderen Licht.

Was ist an den Killerspielen so faszinierend? Was macht sie so unwiderstehlich?

Kaum jemand würde einwenden, dass es nicht die Gewalt ist, die die Spieler anzieht, diese detaillierte Gewalt. Zweifel an dieser Behauptung kann man sehr leicht aus dem Weg räumen. Man nehme z. B. exakt diese Szenen heraus, die die Diskussionen auslösen und schon herrscht Frieden im Lande. Gerade deswegen werden sie ja gekauft, weil die Gewaltszenen so detailliert dargestellt werden, und nicht nur das sondern auch die Möglichkeit im Spiel selbst gewalttätig, brutal und eiskalt zu sein.

Diese zwei Dinge, Zuschauen von detaillierten Gewaltszenen, und selbst darin mitwirken, selbst jemanden den Kopf abschlagen und andere Szenen, mit allen Details, wenn man diese zwei Dinge entfernt, verlieren solche Spiele ihren Reiz.

Zwei weitere Veranschaulichungen:

Würde man genau diese Szenen statt naturgetreu, so darstellen wie in Zeichentrickfilmen wie Donald Duck oder Benjamin Blümchen, hätten solche Spiele in dem betreffenden Personenkreis keinen Reiz mehr. Es ist also tatsächlich die detailgetreu dargestellte Gewalt an der man sich geradezu ergötzt, und an der man sogar mitwirken will.

Die zweite Veranschaulichung verbinden wir zusätzlich ist der Behauptung, es wären doch nur Bits und Bytes. Ersetzen wir das Erschlagen, Niedermetzeln mit Szenen in denen kleine Kinder bestialisch vergewaltigt werden. Ich glaube, da würden selbst hartgesottene „Killerspiele“-Spieler aufschreien wie geschmacklos das ist.

Aber warum eigentlich? Sind es nicht, gemäß deren Behauptungen, nur Bits und Bytes?
In diesem Fall wohl nicht, obwohl sie auf die gleiche Art auf dem Bildschirm dargestellt werden. Wie ist das aber möglich, dass Menschen abschlachten und zerstückeln nur Bits und Bytes sind, Kinder vergewaltigen dagegen aber nicht?

Ist nicht BEIDES grauenvoll und verwerflich?

Haben wir uns als Menschengeschlecht an Foltern, Schlachten, Morden dermaßen gewöhnt, dass wir es sogar als Spiel „brauchen“ und uns daran freiwillig „sattsehen“ und davon unterhalten lassen möchten? Ist einen Menschen mit einer Kreissäge am Bildschirm zersägen, weniger schlimm als Kinder und Frauen zu vergewaltigen?

Was würden wir als Beobachter über Menschen sagen, die in Computerspielen Kinder vergewaltigen? Würden wir sie nicht als abartig betrachten, als kranke Hirne?

Was würden wir von einem Computerspiel halten, in dem es pro vergewaltigte und im Wald verscharrte Frau, Extrapunkte gibt?

Oder, ist ein zerstückelter Mensch weniger tot, als eine vergewaltigte Frau, die man anschließend im Wald tot auffindet?

Wir sehen also, es sind nicht nur Bits und Bytes, oder nur ein Spiel. Bei, Menschen bestialisch abschlachten, haben wir als Menschen die Hemmschwelle schon lang überschritten. Töten, Zerstückeln, Sprengen in allen Einzelheiten ist salonfähig geworden. Kinder und Frauen vergewaltigen dagegen noch nicht. Als Menschen kleben wir nur ein gerechtes Etikett drauf, damit unser Gewissen uns nicht anklagt. Aber interessant, wie und mit was wir uns Menschen unterhalten lassen. Töten und erschlagen, detailliert darstellen, und auf genau diese Details bestehen, das sind für uns Spiele, Unterhaltung geworden. Makabre Unterhaltung. Einerseits lechzen wir nach Frieden, andererseits lassen wir uns vom Krieg und Gemetzel berieseln. Naturgetreu, detailliert.

„Aber das eine ist Wirklichkeit das andere existiert nur im Computer.“ Kommen wir zum Hundekot zurück. Auf der Straße gehen wir diesen „Tretminen“ aus dem Weg. Würden wir es am Bildschirm in allen Einzelheiten betrachten und uns daran ergötzen, unsere Abende damit füllen? Klingt wie völliger Blödsinn. Ist es auch. Nur, lieber Leser, einem Menschen am Bildschirm den Kopf absägen, naturgetreu und echt aussehend ist doch viel ekelhafter. Oder nicht? Wenn nein, sollten wir sich selbst ehrlich fragen, ob wir uns nicht selbst betören.

Noch mehr Brisanz könnte man der Sache hinzufügen indem man in solchen Spielen keine frei erfundenen, sonder real existierende Personen einbinden würde. Echte Namen, mit echten existenten Gesichtern! Sind es immer noch belanglose Bits und Bytes? Wohl nicht. Man sollte sich wirklich fragen, mit was wir unser Herz und unser Sinn füllen. Manche wenden noch ein: „…jaa, wenn Gewalt verurteilen, dann konsequent. Was ist mit den Ballerspielen die auch Kinder spielen. Ist das keine Gewalt?“

Über diese Dinge sollte man wirklich nachdenken, denn es ist ein gutes Argument. Allerdings sollte der Einwender dann vorher solche „Ballerspiele“ in denen Ufos usw. abgeschossen werden, in denen die Ufos im Prinzip bunte Klötzchen sind, neben ein Killerspiel stellen, in welchem ein Mensch mit einem Baseballschläger erschlagen wird, aus welchem das Blut, das Gehirn herausspritzt, naturgetreu dargestellt, und dann schauen ob er nicht einen Unterschied zwischen den Beiden feststellt. Wenn er KEINEN sieht, warum spielt er nicht dann die anderen Spiele, sondern er wählt gezielt die brutaleren?

Es gibt auch einen Unterschied, zwischen einem Krimi wie Columbo und Horrorfilmen wie Zombies, obwohl in beiden Tote vorkommen. Lustige Zeitgenossen bringen auch das Argument: „Selbst die alten Römer vergnügten sich auch auf brutale Weise. Was ist mit den Gladiatorenspielen?“ Und? War das deswegen gut? Ist nicht Rom wegen seiner Ausschweifungen niedergegangen? Oder will man damit sagen, so etwas hat es schon immer gegeben?

Gewalt und Glorifizierung von Gewalt ist tatsächlich seit dem ersten Menschen da. Wird sie aber dadurch salonfähig? Oder stellt sie eine Alternative im Leben dar, der Eine macht‘s der Andere eben nicht ?

Was kann man am Schluss sagen?

Ob nun Gewaltverherrlichende Spiele psychische Schäden verursachen oder Amokläufe auslösen kann derzeit wohl niemand sagen. Und selbst wenn, es würde wahrscheinlich nichts bewirken, denn es ist z. B. wissenschaftlich nachgewiesen, dass Rauchen schädlich ist, und trotzdem kümmert es die Wenigsten. Im Gegenteil, die Raucher bestehen auf ihr RECHT, rauchen zu dürfen.

Was man aber auf jeden Fall feststellen kann ist, es ist die Liebe zur Gewalt, die einen zu solchen Spielen hinzieht. In welcher Form auch immer. Denn OHNE diese detaillierte Gewalt, würden wahrscheinlich diejenigen, die behaupten es sei ja nur ein Spiel, diese Spiele wohl nicht spielen. Wenn es nicht Liebe zur Gewalt ist, dann sollte sich derjenige fragen, warum es mir als Spieler so viel Spaß bereitet, Köpfe abzuschlagen, Blut und Hirn spritzen zu sehen, naturgetreu und detailliert? Ein normaler Mensch wendet sich davon ab. Für ihn ist es ekelerregend sich solche Szenen anzusehen.

Zusammen mit anderen Faktoren, tragen gewaltverherrlichende Spiele zur Verrohung der Gesellschaft, in der ein Mensch wenig oder gar nichts zählt. Die Hemmschwellen fallen immer mehr. Man graust sich vor gar nichts mehr.

von

Günter Schwarz – 17.08.2016