Das absurde „Burkini“-Verbot treibt immer absurdere Blüten. Es ist Ausdruck der antimuslimischen Paranoia, die in Frankreich seit den Terroranschlägen herrscht. Doch die Assoziationskette, die da sagt, „Burkini“ gleich Islam gleich Terror existiert allein in den Köpfen mancher intoleranter Betrachter und löst bei „einfachen Gemütern“ geradezu einen Kulturkampf aus.

Der Generalverdacht gegen alles sichtbar Muslimische vergiftet das gesellschaftliche Klima nicht nur in Frankreich, aber auch in anderen Länder wie der Bundesrepublik Deutschland, wo die AfD ungeahnte „Erfolge“ feiert und in Dänemark, wo die rechtspopulistische Partei Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei) trotz der Negativerfahrungen der Dänen mit der deutschen Besatzung durch die Nazis während der Zweiten Weltkrieges gar zweitstärkste Partei im dänische Folketing werden konnte.

Mehr als 30 französische Badeorte haben es unter Strafe gestellt, sich im Ganzkörper-Badeanzug an den Strand zu legen. Fotos aus Nizza, wo die Polizei jetzt eine Frau dazu zwang, ihr Oberteil auszuziehen, heizen die Debatte weiter an. Denn mit seiner säkularen Sittenpolizei wird Frankreich Ländern wie dem Iran und arabischen Diktaturen ähnlicher, als ihm lieb sein kann – nur spiegelverkehrt.

Die Szene vom Strand in Nizza ist ein Sinnbild für das Scheitern des französischen Laizismus. Denn das „Burkini“-Verbot gilt nur an öffentlichen Stränden. Was an den vielen Privatstränden an der französischen Riviera geschieht, entzieht sich staatlichem Zugriff. Sommerfrischler vom Golf, die dort Villen besitzen, können dort weiter im Burkini oder gar im Schleier baden.

Eine ähnliche Spaltung gilt für das Bildungssystem. An Frankreichs staatlichen Schulen herrscht ein striktes Kopftuchverbot; die Religion soll außen vor bleiben. Doch wohlhabende religiöse Eltern, schicken ihre Kinder auf konfessionelle Privatschulen. Mit anderen Worten heißt das, wer es sich leisten kann, darf seine Religion frei ausleben. Wer, wie viele französische Muslime, sozial marginalisiert ist und abgedrängt in den Banlieues lebt, dem wird signalisiert, dass er mitsamt seiner Religion unerwünscht ist. Das führt zu einem religiösen Zwei-Klassensystem und verschärft soziale Konflikte, indem es sie mit einem Kulturkampf vermengt.

Auch das „Burkini“-Verbot trifft ausnahmslos Frauen und all jene, die sich ohnehin schon zurück gesetzt fühlen. Applaus erhalten solche Maßnahmen von Rassisten, die das Gesetz am liebsten gleich selbst in die Hand nehmen. Auf Korsika kam es deswegen schon zu Ausschreitungen.

Ohne an der Regierung zu sein, gibt somit auch in Frankreich der Front National von Mariune Le Pen den Ton an und klatscht sich wahrscheinlich vor Begeisterung in die Hände, denn dümmer geht’s nimmer!

von

Günter Schwarz – 25.08.2016