Kommt Satire nicht mehr ohne Beleidigungen aus?
In der ZDF-Sendung heute show vom Freitag präsentiert die von Hans-Joachim Heist verkörperte Satire-Figur Gernot Hassknecht ein »Wiener Schmäh-Gedicht« und beleidigt damit FPÖ-Wähler.
Das Gedicht bezieht sich dabei auf die Wahl des österreichischen Bundespräsidenten, bei der Norbert Hofer von der FPÖ in der ersten Runde mehr als ein Drittel der Stimmen bekam. »Ösis, ihr wählt noch blöder als unsere Ossis», erklärt Hassknecht und nennt Hofer einen »FPÖ-Schleimer«, bevor er in dem Schmäh-Gedicht nachlegt.
Reaktionen in Sozialen Netzwerken sind geteilt
Das Video mit dem Schmäh-Gedicht ist seit gestern auf der Facebook-Seite der heute show eingestellt und wurde dort fast 490.000 Mal aufgerufen und mehr als 3.000 Mal geteilt. Die Reaktionen sind geteilt: In den Kommentaren kritisieren vor allem Österreicher Hassknechts Äußerungen als »unterste Schublade«, »Schwachsinnshumor« und »sinnfreie Beleidigungen«. Andere Nutzer, sowohl aus Deutschland als auch aus Österreich, loben den Beitrag als »gute, bissige Satire«.
Ein Facebook-Nutzer fragt, ob Satire nun generell nicht mehr ohne übelste Beleidigungen auskäme.
von
Line Holm – 03.05.2016
Mich beunruhigen jene Facebook-Nutzer und Nutzer anderer sozialer Netzwerke, welche die Satiresendung des ZDFs wegen seiner Kritik an dem Ergebnis des 1.Wahlgangs zum Bundespräsidenten Beleidigung unterstellen, wesentlich mehr als die gewählten Stilmittel des Moderators der Sendung, Oliver Welke, und des Kabarettisten Hans-Joachim Heist in der Person von Gernot Hassknech.
Ich frage mich, wie können Menschen, die ein zutiefst menschenverachtendes Gedankengut vertreten und propagieren, sich beleidigt fühlen, wenn andere, auch mit Mitteln der Satire, sich dagegen wehren.
Die traditionelle Kunstform der Satire, die sich aus einstigen Spottschriften und –bildern entwickelt hat, bietet sich geradezu an, durch das Stilmittel der Übertreibung auf diesen Missstand „in der Denke“ aufmerksam zu machen, wobei der Übergang von Spott zur Beleidigung sicher fließend ist, denn was einige noch als Spott empfinden, betrachten andere bereits als gröbste Beleidigung und umgekehrt. Auffallend in diesem ganz besonderen Fall jedoch ist, dass besonders jene Personengruppe sich beleidigt und diffamiert fühlt, die nahezu keine Gelegenheit auslässt, jene Menschen grob zu beleidigen, zu beschimpfen und gar körperlich anzugreifen, die sie aufgrund deren Nationalität, Religion, Muttersprache, Hautfarbe, traditioneller Eigenheiten usw. als fremd ansieht.
Die ZDF „heute show“ beschäftigte sich in ihrer Sendung vom 29.04.2016 im Übrigen mit zwei Beiträgen zur Bundespräsidentenwahl in Österreich unter den Titeln „Ösipussies“ (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/startseite#/beitrag/video/2729188/%C3%96sipussies ) und „Hassknecht dichtet“ (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/startseite#/beitrag/video/2729192/Hassknecht-dichtet ).