Man kann der Bundesregierung einen gewissen „kreativen Umgang“ mit dem Geld „fremder Leute“ nicht absprechen, wenn es darum geht, die Versorgung anerkannter Flüchtlinge in der gesetzlichen Krankenversicherung zu finanzieren.  Im Wahljahr 2017 will die Regierung die Reserven des beitragsfinanzierten Gesundheitsfonds anzapfen. Der Aufregung darüber bei den derzeit Versicherten und den gesetzlichen Krankenkassen ist natürlich groß, obwohl der Anlass eher klein ist.

Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch beschlossen, aus der Liquiditätsreserve des über 200 Milliarden Euro umfassenden Gesundheitsfonds der gesetzlichen Krankenversicherung die „kleine Summe“ von 1,5 Milliarden Euro zu entnehmen, um sie 2017 den Kassen zusätzlich zuzuführen.

Eine Milliarde davon soll der Finanzierung von erwarteten Mehrausgaben dienen, die dadurch entstehen werden, dass im kommenden Jahr Hunderttausende anerkannte Flüchtlinge zu Hartz-IV-Empfängern werden und dann wie alle anderen Arbeitslosengeld-II-Bezieher auch Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung haben.

Bisher wurden Gesundheitsleistungen für sie nach dem Asylbewerberleistungsgesetz aus Steuermitteln bezahlt. Wer die Flüchtlingsmigration jedoch kritisch sieht, und wer gegen den Flüchtlingskurs von Kanzlerin Merkel ist, der sieht hier nun das erste Indiz eines Wortbruchs: Entgegen der Ankündigung Merkels, dass kein Bürger weniger durch die Flüchtlinge haben werde, müssten jetzt die GKV-Beitragszahler doch zahlen, weil dem Gesundheitsfonds wegen der Flüchtlinge Beitragsgeld entzogen werde, argumentieren sie. Für die AfD und andere rechte Gruppierungen dürfte Merkels Wortbruch geradezu „Wasser auf die Mühlen“ sein, die besonders im Wahljahr 2017 nicht sonderlich gut im Wahlergebnis für die Regierungsparteien auswirken werden.

Dieser Zusammenhang lässt sich in der Tat herstellen, und das ist gefährlich für Merkel und die Bundesregierung. Denn so liefert die Regierung denen Argumentationshilfe, die schon immer meinen, die Regierung belüge sie. Das Geld des Gesundheitsfonds kommt weit überwiegend von den Beitragszahlern, nur 14 Milliarden Euro fließen aus Steuermitteln in den Fonds.

Die Milliarde, die ihm nun „für die Flüchtlinge“ entnommen werden soll, ist mithin wirklich Beitragsgeld. Die Regierung täte gut daran, diese Finanzierungsentscheidung ganz schnell zu korrigieren, denn die Bewältigung der Flüchtlingskrise ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die demzufolge aus Steuermitteln finanziert werden muss. Nur so wird auch sichergestellt, dass sich auch die „reicheren“ Privat-Krankenversicherten an der Finanzierung der Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge beteiligen.

Noch haben Union und SPD nach der Sommerpause im parlamentarischen Verfahren die Gelegenheit, diesen Fehler rasch zu korrigieren.

von

Günter Schwarz – 06.08.2016