(FL) Viele Städte im Norden haben reizende Innenstädte mit einer interessanten baulichen Struktur und vielen Baudenkmälern. Doch der Charme einer Stadt steht und fällt mit einer intakten Einzelhandelsstruktur im Stadtzentrum.

Während Innenstädte in Neumünster, Schleswig oder Rendsburg um das nackte Überleben kämpfen, floriert die Bummelmeile in Flensburg. Neben einer charmant-kauzigen Altstadt, dem Museumsberg, dem Kapitänsviertel, dem Hafen und vielen einzigartigen kulturellen Angeboten, die viele Touristen über das ganze Jahr begeistern, hat die Fördestadt auch eine der schönsten Fußgängerzonen Deutschlands und gehört damit zu den schönsten Städten im Norden. Ohne den ausgewogenen Einzelhandel zwischen Norder- und Südermarkt würde Flensburg viel an Attraktivität verlieren. Das weiß auch das Rathaus und ist seit Jahren bemüht, den Einzelhandel der Innenstadt vor allzu viel Konkurrenz von außen zu schützen.


Der Südermarkt im Frühling, Foto: M. Schwarz

Obwohl auch die beiden großen Einkaufsparks am Stadtrand zu Flensburgs Einzelhandel gehören und viele Einkaufstouristen, insbesondere aus dem benachbarten Dänemark, nach Flensburg locken, positionierte sich die Stadt erst 2014 mit einem klaren Nein, mehr Einzelhandel an der Schleswiger Straße zuzulassen. Eine richtige Entscheidung. Der Trend vieler Städte, über Jahre hinweg, Einzelhandel in Gewerbegebieten am Stadtrand in Einkaufsparks zu konzentrieren, erwies sich letztlich als Dolchstoß für eine gesunde Einzelhandelsstruktur in den Innenstädten. Rendsburg gilt dabei als grandioses Negativbeispiel. Vom Stadttheater bis zum Schiffbrückenplatz sind fast alle der teilweisen traditionsreichen Geschäfte geschlossen und der einst vielbesuchte Stegen, über den Altstädter Markt bis zur Hohen Straße ist auch an Wochenenden menschenleer. Die Altstädter-Markt-Passage, mit ihrer Verbindung vom Altstädter Markt zur Hohen Straße steht praktisch komplett leer. Der Charme einer sonst so gemütlichen Innenstadt ist damit komplett verloren gegangen. Andere Städte versuchen einer solch desaströsen Entwicklung mit mehr oder weniger erfolgreichen Konzepten entgegenzuwirken. Neumünster kam mit der Holsten-Galerie auf den Plan und gab dem innerstädtischen Einzelhandel um den Großflecken eine neue Identität. Schleswig war im Rahmen solcher Bemühungen weit weniger erfolgreich. Das zentrale Schlei-Center schaffte zwar zusätzliche Parkmöglichkeiten in der Innenstadt, kompensierte die Gesamtsituation dabei aber nicht. Das Schlei-Center beherbergt nunmehr Franchise-Handelsketten, die das Einzelhandelsangebot in der Innenstadt nicht abrunden, sondern eine zusätzliche Discount-Konkurrenz schaffen. Schleswigs malerischer Kornmarkt fiel dieser Wiederbelebungspolitik vollständig zum Opfer.


Toosbystraße mit ihrer reizvollen Architektur, Foto: M. Schwarz

Von solchen Problemen ist Flensburg Dank einer umsichtigen und entschlossenen Position im Rathaus weit entfernt. Zusätzlich vertritt der Verein City Flensburg die Interessen ansässiger Einzelhändler. Während Geschäfte in Einkaufszentren bestimmte Beträge für ein gemeinsames Marketing abführen müssen, ist die Teilnahme an City Flensburg freiwillig. 60 bis 70 Prozent der Filialunternehmen beteiligen sich nicht an diesem Konzept. Der Grund hierfür liegt in, durch den Konzern regulierten, zentralisierten Werbemaßnahmen. Dass auch Filialunternehmen von den Bestrebungen des City-Vereins partizipieren, lässt die Unternehmenszentralen weitestgehend unbeeindruckt.

Ganz anders sieht es in vielen dänischen Städten aus. Dort existieren solche Zusammenschlüsse in vielen Städten. Cityforening Odense, Aarhus, Randers, Næstved, um nur einige zu nennen, tragen maßgeblich dazu bei, dass in ihren Innenstädten eine gesunde heterogene Einzelhandelsstruktur wächst und gegenüber den Discount-Einkaufszentren in den Gewerbegebieten konkurrenzfähig bleibt. Anders als in Flensburg beteiligen sich in dänischen Städten auch fast alle Filialunternehmen an diesen gemeinsamen Marketingkonzepten. Neben gemeinschaftlicher Werbung in Printmedien oder lokalen Radiostationen gehören dazu auch Veranstaltungen, wie z. B. „Open by Night“, an denen ganze Innenstädte die Ladenschlusszeiten bis 23 oder 24 Uhr verlängern. Solche Aktionen kommen bei Touristen, wie auch Einheimischen, sehr gut an und enden nicht selten mit einem kleinen Volksfestcharakter.

Flensburg ist auf dem richtigen Weg. Die Innenstadt lädt zum Bummeln ein und bietet ein ausgewogenes und gemütliches Angebot an Einzelhandel und Gastronomie. Das Beispiel Flensburg verdeutlicht allerdings auch, dass eine „hübsche Stadt“ allein nicht reicht. Gefordert ist eine umsichtige kommunale Politik und nicht zuletzt engagierte Gewerbetreibende und Bürger. All das verbindet sich in Flensburg und macht die Stadt an der Förde damit zu einer kleinen Perle der Region.

Da gibt es dann auch keine zwei Meinungen: Die schönste Stadt im Norden? Flensburg natürlich!


Am Nordermarkt kann man im Sommer bis in die späten Abendstunden gemütlich sitzen, Foto: M. Schwarz

Charlotte Thomsen – 13.08.2016