Dank der sozialen Medien werden politische Debatten nicht nur von Volks- und Medienvertretern ausgetragen, sondern Jedermann kann sich und seine Meinung in diese Diskussion mit einbringen. Dass in so einer, öffentlich geführten, Debatte viele unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen, liegt auf der Hand. Wie gehen die Diskussionsteilnehmer damit um?

Eine »Diskussion« definiert ein Gespräch zwischen zwei oder mehreren Personen, wobei jede Seite ihre Argumente vorbringt, die dann zu einem Dialog führen. Idealerweise sind Argumente dazu gedacht, die jeweils andere Partei von der Wahrheit oder Falschheit ihrer Behauptungen zu überzeugen. Soviel zur Theorie. In der Praxis prallen verfeindete Lager aufeinander und verwickeln sich gegenseitig in einen, nie enden wollenden, (verbalen) Grabenkampf. Themen gibt es genug – wie z. B.: Genderismus, Familie, Homosexualität und natürlich die derzeit kontrovers geführten Diskussionen zur Einwanderungspolitik und Islamisierung.

Insbesondere im Zuge solcher Debatten wird deutlich, dass sich die Lager überdeutlich in Gegner und Befürworter der beiden Positionen spalten. Auf der einen Seite haben wir die Rechtspopulisten, die mit mehr oder weniger antiken Phrasen die Angst der Bevölkerung anheizen und eine Überfremdung verteufeln – auf der anderen Seite der Teil der Bevölkerung (Gutmenschen), der uneingeschränkte Toleranz einfordert, »Refugees Welcome“-Banner schwenkt und dabei mit »Neusprech«, wie »bashing«, »victim blaming« oder »safe space«, faselt. Eine moderate Mitte, die Argumente überlegt abwägt, scheint in der Diskussion gänzlich zu fehlen. Sobald die eigenen Eindrücke leicht in eine Richtung driften, werden sie von der einen Seite beklatscht und von der anderen verteufelt. Dass sich der Prozess der Meinungsbildung noch in einem Frühstadium der Informationsaufnahme befunden haben mag, ist beiden Parteien völlig egal.

Insbesondere die derzeitige Einwanderungspolitik schlägt eine tiefe Kerbe in die Gesellschaft und bedürfe (eigentlich) wohl-reflektierter Betrachtung. Stattdessen prügeln Rechtspopulisten und Gutmenschen mit aller Gewalt aufeinander ein. Jeder redet – niemand hört wirklich zu.

Welche Position ist richtig?

Extreme Positionen, gleich welcher Art, sind selten »richtig«. Das friedliche Zusammenleben in einer heterogenen Gesellschaft erfordert Kompromissbereitschaft. Dies zumindest sollte jedem geläufig sein, der irgendwann einmal eine Schule besucht hat. Trotzdem fällt auf, dass viele der öffentlich geführten Diskussionen eben genau diese Kompromissbereitschaft völlig vermissen lassen. »Ich habe Recht und du bist minderbemittelt!«, scheint zur Hymne zu werden – egal, auf welcher Seite man steht. Dabei wird dann auch kein Dialog mehr geführt, sondern vielmehr (endlose) Monologe der jeweils vortragenden Parteien.

Anhand der Einwanderungspolitik ein Beispiel:

Die Rechtspopulisten behaupten, die Einwanderungspolitik führe zur Überfremdung, Islamisierung, Terrorismus, leeren Kassen und einem unsicheren Sozialsystem. Thilo Sarrazin ergänzt die Befürchtungen noch um eine importierte Dummheit, die da ins Land kommt, während Stammtische um die völkische Reinheit fürchten, da ohnehin jeder Ausländer ein potentieller Vergewaltiger sei.

Dies sind zunächst einmal berechtigte Ängste, die sich jedoch leicht mit ein bisschen Allgemeinbildung um Geschichte, demografischen Wandel, Zu- und Auswanderstatistiken und anderen Informationen wiederlegen ließen. Wäre also die Meinung der Diskutanten nicht so verbohrt, bestünde durchaus Hoffnung zu einem Kompromiss.

Die Position der »Übertoleranz« ist dabei nicht weniger destruktiv. Alle die da kommen sind lieb, wir schaffen das, unsere historische Verantwortung, Deutschland ist bunt… Auch hier wird weit mehr propagiert, als argumentiert. Die da kommen, sind eben nicht alle lieb. Ein erwachsener Pakistani, dessen Heimatland nur etwa 2% des Staatshaushaltes in Bildung investiert, wird hier einen gewissen Bildungsrückstand haben und damit benachteiligt sein. Ein Kriegsflüchtling wird Dinge gesehen haben, die ihn u. U. schwer traumatisiert haben und seine Distanz zur Gewalt weit herabsetzen. Solche gesellschaftlichen und kulturellen Unterschiede müssen thematisiert werden. Es nicht zu tun, wird sich auf unsere Gesellschaft nicht weniger negativ auswirken, als eine kollektive Ablehnung der Neuankömmlinge.

Dialog bleibt auf der Strecke.

Während also die zankenden Parteien jeweils ihre Meinung in die Welt krawallen, ohne dabei Rücksicht auf die Gegenpartei zu nehmen, bleiben die eigentlichen Herausforderungen gänzlich unbeachtet. Herausforderungen haben sich noch nie von selbst gelöst – auch das Aufsagen von Parolen trägt nur wenig zu einer Konfliktlösung bei. Genau dies kommt zu kurz und führt bei näherer Betrachtung zu dem Schluss, dass Kommunikation neu gelernt werden sollte.

Sich selbst zu ändern, ist ein Vorschlag, den kein Faschist gern hört – egal, auf welcher Seite er steht.

von
Michael Schwarz – 19.08.2016