Er fühle sich wie ein Kanarienvogel in einer Kohlegrube, sagt TV-Satiriker Jan Böhmermann. „Niemand muss mich ernst nehmen, aber wenn der Sauerstoff knapp wird, bin ich der erste, der umfällt.“

Die Folgen der „Schmähkritik“-Affäre über den türkischen Autokraten Erdoğan haben Jan Böhmermann offenbar stark zugesetzt. In einem Youtube-Interview mit dem Hiphop.de-Journalisten Rooz Lee ließ der ZDF-Satiriker durchblicken, vor allem die Auswirkungen des Skandals auf sein Privatleben und seine Familie hätten ihn erschüttert.

„Was schrecklich ist, ist, wenn das das Privatleben bedrückt. Wenn du nicht mehr das Gefühl hast, dass du die Sachen überblicken kannst.“ Aus Selbstschutz habe er sich „in einen abgesicherten Modus gefahren wie so ein Windows-Computer“.

Es habe auch Drohungen gegeben, bestätigte Böhmermann indirekt. „Die Leute die einen dann bedrohen, oder wo’s dann gefährlich wird, das sind genau solche Asis, wie das deutsche Nazis sind.“ Allerdings sei die Menge an unangenehmen Äußerungen nicht größer gewesen, als nach Witzen über die AfD.

Insgesamt sei die Affäre für ihn eine neue Dimension gewesen. Ein Rechtsstreit sei für ihn okay und der kann durchgestanden werden. „Aber wenn auf einmal dein eigenes Land anfängt, ‚ah, was ist da passiert, wir müssen intervenieren‘ und wenn sich die Bundeskanzlerin mit dir beschäftigt – das fühlt sich schon anders an, als alles andere, was man sonst erlebt hat.“

Trotzdem will Böhmermann weiterhin die Grenzen der Kunst- und Meinungsfreiheit ausreizen. „Ich darf mich auf die Grenze der Meinungsfreiheit stellen“, betonte er. „Dass ich hier stehe, erlaubt mir die Verfassung unseres Landes. Das erlaubt mir all das, wofür unser Land steht.“ Der Satiriker hält sich damit auch für einen wichtigen Indikator für die Meinungsfreiheit: Er fühle sich „wie ein Kanarienvogel in einer Kohlegrube. Niemand muss mich ernst nehmen, aber wenn der Sauerstoff knapp wird, bin ich der erste, der umfällt“.

von

Günter Schwarz – 25.08.2016