Ab 2017 sollen die Hartz-IV-Sätze erhöht werden. Die Sätze steigen um bis zu 21 Euro monatlich –  für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren. Das sieht ein Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vor, wie am Dienstag aus Regierungskreisen verlautete.. Das Kinderhilfswerk kritisiert die geplante Nullrunde für Kinder bis zu 6 Jahren als „gesellschaftspolitischen Skandal“.

Die Steigerungen beruhen auf zwei Mechanismen. So gibt es eine neue amtliche Statistik über die Lebensverhältnisse von Privathaushalten, die der Hartz-Berechnung zugrundegelegt wird. Daraus ergibt sich etwa der deutlich höhere Bedarf für Kinder über sechs Jahre. Außerdem wird der Anstieg von Preisen und Gehältern berücksichtigt. Folglich haben die Erhöhungen statistische Gründe.

Dem Entwurf des Ressorts von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zufolge soll der monatliche Regelsatz für Alleinstehende von derzeit 404 auf 409 Euro pro Monat steigen. Paare erhalten demnach künftig 368 statt 364 Euro pro Partner. Die Sätze für unter 25-Jährige, die im Haushalt der Eltern wohnen, steigen laut Entwurf von 324 auf 327 Euro. Kinder zwischen 13 und 18 Jahren sollen in Zukunft 311 statt bisher 306 Euro erhalten.

Am stärksten sollen nach den Angaben die Sätze für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren steigen, und zwar von 270 auf 291 Euro. Der Regelsatz für Kinder bis zu 6 Jahren soll laut dem Entwurf unverändert bei 237 Euro pro Monat bleiben. Die Erhöhung der Regelsätze soll laut Arbeitsministerium allein im kommenden Jahr 470 Millionen Euro mehr kosten als 2016. Bis Ende 2020 beliefen sich die Mehrkosten insgesamt auf knapp zwei Milliarden Euro.

Kritik an dem Entwurf kam von der Opposition. Die linke Fraktionsvorsitzende Katja Kipping nannte die Steigerungen „beschämend“. Sie zeigten, dass die bisherige Praxis, das Existenzminimum mit allen Tricks kleinzurechnen, fortgesetzt werde. Es müsse endlich eine methodisch saubere Ermittlung geben, „damit auch wirklich jede und jeder Einzelne vor Armut geschützt sind“.

Auch bei den Regierungsfraktionen gab es Stimmen, die die Art der Berechnung bemängelten. Der Vorsitzende der Unions-Arbeitnehmergruppe im Bundestag, Peter Weiß (CDU) erklärte der Online-Ausgabe der „Rheinischen Post“, die Neuberechnungen seien sicher sachlich zu rechtfertigen. Die neuen Steigerungsmechanismen führten aber stets zu Unfrieden. Die frühere Berechnung der Hartz-IV-Sätze sei politisch klüger gewesen.

Bei der Statistik, die dem ermittelten Bedarf zugrunde liegt, wurden erneut die Haushalte am unteren Ende der Einkommensskala herangezogen. Herausgerechnet wurde, wer bereits Hartz IV, Sozialhilfe oder Grundsicherung bekommt, um „Zirkelschlüsse nach unten zu vermeiden“, wie es hieß. Der Grünen-Sozialpolitiker Wolfgang Strengmann-Kuhn forderte einen Neustart bei der Hartz-Berechnung „ohne Schummeleien“.

Das Deutsche Kinderhilfswerk sprach von einem Schritt in die richtige Richtung. Es bezeichnete aber die geplante Nullrunde für Kinder bis zu 6 Jahren als einen „gesellschaftspolitischen Skandal“. Die geplante Regelsatzerhöhung für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren um 21 Euro sei „seit langem überfällig“, so das Kinderhilfswerk in Berlin.

Damit nähere sich der Regelsatz für diese Altersgruppe langsam einem Wert, der diese Kinder aus der Armut führe. Um die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu verbessern, fordert das Kinderhilfswerk umfassende Reformen der Sozialgesetze.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband und der Sozialverband Deutschland kritisierten die geplanten Sätze als „viel zu niedrig“ und „willkürlich“. Die AWO betonte, die Bedarfe seien bisher auf Kante genäht gewesen. Das Kinderhilfswerk forderte „dringend höhere Regelsätze“ für die Jüngsten.

von

Günter Schwarz – 31.08.2016