(Berlin) – Der deutschsprachige „Kojak“,Manfred Krug, ist tot. Wie am heutigen Donnerstag bekannt wurde, starb der Schauspieler bereits Ende vergangener Woche im Alter von 79 Jahren. Der gelernte Eisengießer begann seine Karriere in der DDR, wo er im Kino („Die Spur der Steine“) und als Jazz-Sänger reüssierte. Ende der 1970er Jahre überwarf er sich mit den Machthabern aufgrund der Ausbürgerung Wolf Biermanns und emigrierte mit seiner Frau und den drei Kindern in die BRD, wo er als „Tatort“-Kommissar Paul Stoever zum deutschsprachigen „Kojak“ und als Anwalt in „Liebling Kreuzberg“ zum TV-Star avancierte.

Seine Rollen als Kommissar Paul Stoever im Hamburger „Tatort“ und seine Darstellung des Anwalts Robert Liebling in „Liebling Kreuzberg“ machten Krug auch in Österreich zum TV-Star. Krug hinterlässt eine Frau und drei Kinder. Zudem hat er eine uneheliche Tochter, die 1998 geboren wurde und zu der er sich vier Jahre später bekannte.

„Als Schauspieler auf die Welt gekommen“

Manfred Krug wurde am 8. Februar1937 in Duisburg geboren. Als 12-Jähriger zog er im Jahr 1949mit seinem Vater in die gerade entstehende DDR, wo er nach dem Schulabschluss eine Ausbildung zum Eisengießer machte. Doch schon früh entdeckte er die Faszination für die Schauspielerei. Er sei „als Schauspieler auf die Welt gekommen“, schrieb er in seinen Jugenderinnerungen „Mein schönes Leben“. Sein großes Idol war Gary Cooper, denn der „hat nie etwas anderes gespielt als sich selbst, und das ist die hohe Schule“, so Krug.

Seine Karriere startete Krug als Schauspieler in unzähligen Filmen der Babelsberger DEFA-Studios. Mit Filmen wie „Mir nach, Canaillen!“, „Wege übers Land“, „Fünf Patronenhülsen“ und „Auf der Sonnenseite“ wurde Krug einer der populärsten Kino- und Fernsehschauspieler in der DDR, der von 1969 bis 1973 mehrmals zum Publikumsliebling gewählt wurde. Nebenbei machte er sich als Jazz- und Schlagersänger einen Namen.

„Spur der Steine“ und der Bruch mit dem System

Die ersten Bruchlinien zwischen Krug und den Mächtigen in der DDR zeigten sich 1965. Damals wurde Frank Beyers Film „Spur der Steine“ mit Krug als aufmüpfigem Baubrigadier von der regierenden SED verbannt, verschwand aus den Kinos und wurde erst 20 Jahre später wieder gezeigt.

„Das war Goebbels’sche Manier, und ich erlebte meinen ersten schweren Einbruch mit meinem Glauben an das bessere, gerechtere Deutschland mit den sozialistischen Idealen“, sagte Kurg nach dem Mauerfall in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. „Hieb Nummer zwei“ war die militärische Niederschlagung des Prager Frühlings 1968.

„Maulschelle“ für den Stasi-Mann

Das Fass zum Überlaufen brachte schließlich die Ausbürgerung des Sängers Wolf Biermann im November 1976. Nach dem Künstlerprotest, dem sich auch Krug angeschlossen hatte, wurde der Schauspieler beruflich kaltgestellt und von Stasi-Leuten verfolgt. Einer von ihnen fing sich von Krug eine „Maulschelle“ ein, als er in einer Bar in Erfurt durch den Raum in Richtung Krug gerufen hatte: „Die Leute, die in der Schweiz ein Dollar-Konto haben, sollen mal schön die Klappe halten.“

Das Treffen empörter Künstler und Schriftsteller wie Christa Wolf, Stefan Heym, Hilmar Thate und Jurek Becker in Krugs Haus mit dem SED-Politbüromitglied Werner Lamberz nahm der Schauspieler heimlich auf Tonband auf. Krug veröffentlichte das Tonbandprotokoll und seine Erinnerungen daran 1996 unter dem Titel „Abgehauen“, was vom Regisseur Frank Beyer später auch verfilmt wurde.

Karriere mit Anlaufschwierigkeiten im Westen

Im Jahr 1977 übersiedelte Krug schließlich in die BRD. „Ich hatte Angst, die größte Angst in meinem Leben. Noch mal von vorn anfangen? Aber kriech ich zu Kreuze, bin ich kaputt. Kriech ich nicht, machen sie mich kaputt“, sagte Krug später über die Emigration. Irgendwann war für Krug „der Riemen runter von der Orgel, wie der Berliner sagt“.

Nach einigen Anlaufschwierigkeiten gelang es Krug, auch in der BRD als Schauspieler zu reüssieren. Von 1984 bis 2001 ermittelte er an der Seite von Charles Brauer als Kommissar Stoever im Hamburger „Tatort“, wo er auch die eine oder andere Gesangseinlage zum Besten gab. 2008 wurde er hinter Götz George zum zweitbeliebtesten „Tatort“-Kommissar aller Zeiten gewählt. In „Liebling Kreuzberg“ spielte er einen Anwalt, in der „Sesamstraße“ hatte er Gastauftritte, und als Trucker in „Auf Achse“ war er der Star des deutschen TV-Vorabendprogramms.

Krugs Aktionsradius beschränkte sich aber nicht nur auf TV- und Kinorollen. Er wollte sich nie auf nur einen Rollentyp reduzieren lassen, wie er einmal sagte (auch wenn die Zeitungen in der BRD ihn als „Raubein, das von drüben kam“ bezeichneten). Seine Flexibilität bewies er schon zu DDR-Zeiten, zum Beispiel in Goethes „Urfaust“ mit Hilmar Thate, in der Oper „Der Freischütz“ und in einer „Porgy und Bess“-Inszenierung an der Ostberliner Komischen Oper in der Regie von Götz Friedrich. Kaum noch bekannt ist, dass Krug noch unter der Regie von Bertolt Brecht als Schauspieleleve am Berliner Ensemble 1955 einen Panzerleutnant in Johannes Robert Bechers „Winterschlacht“ spielte.

Rückzug aus der Öffentlichkeit

Zuletzt war es still geworden um den erfolgreichen Schauspieler, der bereits 1997 einen Schlaganfall erlitten hatte. Krug hatte sich anders als viele Kollegen mit dem Pensionsalter aus dem Geschäft zurückgezogen. Und er war zufrieden damit: „Ich habe nichts zu jammern“, sagte Krug 2013, als er an der Seite seiner Frau Ottilie im Roten Rathaus in Berlin das Bundesverdienstkreuz entgegennahm.

von

Günter Schwarz  – 27.10.2016