Ist es in der Bundesrepublik heute weniger sicher als in der Vergangenheit? Nein, sagt der Kriminologe Christian Pfeiffer. Er warnt davor, die Statistik zur Ausländerkriminalität falsch zu interpretieren.

Der deutsche Kriminologe Christian Pfeiffer hat dem Eindruck widersprochen, dass Deutschland insbesondere für Frauen unsicherer geworden sei. Die Statistik zeige für die vergangenen zehn Jahre, „dass in Deutschland vollendete Vergewaltigungen um 20 Prozent abgenommen haben“, sagte Pfeiffer der „Welt am Sonntag“.

„Auch das Jahr 2015 hat – trotz des gewaltigen Zustroms an Männern – nichts an diesem Trend geändert. Die Sicherheit in Deutschland steige, insbesondere auch für Frauen.“ Der Experte sprach sich zudem dafür aus, Statistiken sorgfältig und unvoreingenommen zu betrachten. „Dazu gehört auch, klar zu sagen, von 100 Ausländern geht mehr Kriminalität aus als von 100 Deutschen.“

Das liege daran, dass die Gruppe im Schnitt jünger sei als die deutsche Bevölkerung und außerdem daran, dass viele hier noch keinen Job hätten und sozial noch nicht integriert seien. Gewalt sei nicht kulturell zu bestimmen, sondern vor allem eine soziale Frage. „Wenn diese Faktoren auf Deutsche zutreffen, steigt auch bei ihnen das Kriminalitätsrisiko“, sagte Pfeiffer, der früher Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen und von 2000 bis 2003 Justizminister des Landes war.

„Je gebildeter die Familie, umso weniger wird geschlagen“

Hinzu komme ein weiteres Phänomen: „Die Anzeigebereitschaft ist viel größer, je fremder der Täter ist.“ Der ausländische Mann, der eine Frau hinter die Büsche ziehe und vergewaltige, habe eine hohe Anzeigequote. Der vertraute Arbeitskollege, der Chef oder auch der Partner, der das Gleiche tue, werde dagegen deutlich seltener angezeigt.

Pfeiffer warnte vor „kultureller Überheblichkeit“ speziell gegenüber Flüchtlingen. „Sexualmorde wie in Freiburg sind nicht Ausdruck der Männlichkeitskultur, die wir in arabischen Ländern beobachten“, sagte der Kriminologe. Zwar seien viele in einer „Machokultur“ aufgewachsen, in der von einem Mann ausgehende Gewalt eher toleriert werde.

Die beste Prävention sei eine gewaltfreie Erziehung, sagte Pfeiffer. Das sei der Stabilisierungsfaktor schlechthin. Außerdem forderte er mehr Investitionen in Bildung. Beides habe nachweisbar zu einem Rückgang von Gewalttaten geführt. „Je gebildeter die Familie, umso weniger wird geschlagen. Bildung ist also der Faktor, den wir verbessern müssen.“

von

Günter Schwarz – 12.12.2016