(Peking) – Nach der Ermordung des Halbbruders von Kim Jong Un sorgt sich China um die politische Stabilität in Nordkorea. China will den Status quo in dem isolierten Land beibehalten und seinen Puffer zum Amerika-Freund Südkorea nicht verlieren.

Am Dienstag wurde der Mord an Kim Jong Nam, dem Halbbruder des nordkoreanischen Führers Kim Jong Un, in Malaysia bekannt. Die südkoreanische Regierung geht von einem Auftragsmord durch nordkoreanische Agenten aus. Kim Jong Nam galt als die Versicherung Chinas im Falle eines Zusammenbruchs der politischen Ordnung in Pjöngjang. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Geng Shuang, sagte am Mittwoch während einer Pressekonferenz, dass Peking die Entwicklungen im Mordfall Kim Jong Nams aufmerksam verfolge. 

Der jüngste nordkoreanische Raketentest folgte kurz nach dem Telefongespräch Donald Trumps mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Trumps Töne gegenüber Peking schienen nach drastischen Worten im Wahlkampf weitaus milder geworden zu sein und das Telefongespräch wurde als freundschaftlich bezeichnet. Sogar auf die Ein-China-Politik ließ sich Trump einschwören wie es aus chinesischen Regierungskreisen heißt.

Trump sieht China jedoch auch in der erzieherischen Pflicht, Nordkorea angesichts des öffentlichen Aggressionsgebarens Kim Jung Uns zu maßregeln. China verweigert sich aber dieser Rolle, da unweit der nordkoreanischen Grenze auf südkoreanischem Gebiet auch amerikanische Truppen den Einmarsch in den Norden proben und Kriegsgerät aufstellen. Auch vor Chinas Haustür an der Ostküste des Landes nehmen Amerikaner Stellung im Inselstreit – für die Japaner und gegen China.

Angesichts dieser Drohgebärden ist der Erhalt Nordkoreas für die Existenz Chinas unabdingbar. China nimmt bereits großen Anteil am wirtschaftlichen Weiterbestehen Nordkoreas und bestimmt 70 Prozent des nordkoreanischen Handels. Das Handelsvolumen 2014 war zwischen beiden Ländern auf 6,86 Milliarden zu beziffern. Ein Zusammenbruch des Marktes hätte für China auch einen Massenzustrom an Flüchtlingen zur Folge. 

Der hochrangigste Abtrünnige der nordkoreanischen Geschichte Thae Yong-ho, ein ehemaliger Diplomat Nordkoreas in Großbritannien, ist zuversichtlich, dass Kim Jong Un die Macht verlieren wird. Thae ist der Ansicht, dass Kim Jong Un der Nährboden an Ideologie ausgeht, da sich das Volk von ihm abkehrt.

Chinesische und südkoreanische Filme und Musik sind bei Nordkoreanern sehr beliebt und der Schwarzmarkt verdrängt die legalen, von der Führung kontrollierten Handelsplätze. Thae selbst, so gab er in einem Interview bekannt, habe erst durch Filme gelernt, was Demokratie bedeute. Die Versuche des Führers, den nicht-koreanischen Einfluss einzudämmen, scheiterten zunehmend an der Bestechlichkeit der Polizei.

Offiziell sieht das Bild jedoch anders aus: Am Donnerstag zelebrierten die Nordkoreaner den 75. Geburtstag des verstorbenen Führers Kim Jong Il mit Feuerwerken und Eisskulpturen, die nordkoreanische Raketen darstellten.

von

Günter Schwarz – 17.02.2017