Dänisches Gericht entscheidet: „Südkoreas ,Rasputin‘-Tochter wird ausgeliefert“
(Aalborg) – Das dänische Stadtgericht Aalborg entschied am Mittwoch über die Auslieferung der Tochter von Choi Soon-Sil, der Frau im Zentrum des südkoreanischen Korruptionsskandals, die zur Amtsenthebung und zur Anklage gegen Südkoreas Ex-Präsidentin Park Geun Hye führte.
Chung Yoo-Ra, die 20-jährige Tochter der Frau, die familiär Südkoreas „Rasputin“ genannt wird, ist eine der Personen, die im Zusammenhang mit dem Skandal steht, der in Seoul und anderen Städten Südkoreas zu riesigen Straßenprotesten geführt hat, bei der die Amtsenthebung von Präsidentin Park Geun-Hye gefordert wurde.
Chung wurde am 1. Januar dieses Jahres auf einem Gestüt bei Aalborg festgenommen, wo sie als Trainerin für Dressurreiter beschäftigt war. Man wollte ihr Visum überprüfen, nachdem die südkoreanischen Behörden einen Haftbefehl gegen sie erlassen hatten. Seoul ersuchte dann um ihre Auslieferung, die die dänische Staatsanwaltschaft am 17. März nach eingehender Prüfung genehmigte. Chung klagte dann gegen Auslieferung vor dem Stadtgericht (Amtsgericht) Aalborg.
„Das Gericht bestätigt die Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Frau Chung kann ausgeliefert werden“, schrieb die Staatsanwaltschaft auf Twitter.

„Wir werden auch noch in eine höhere Instanz gehen, um zu vermeiden, dass sich nach Südkorea geschickt wird, und so haben wir sofort nach dem Urteil einen Appell an das Højesteret (Oberstes Gericht) in København gerichtet“, sagte Chungs Anwalt, Michael Juul Eriksen, gegenüber AFP außerhalb des Stadtgerichts Aalborg.
Eriksen sagte, Chung’s Hauptfurcht sei der Kontakt mit ihrem kleinen Sohn, weil sie von den koreanischen Behörden „unter Druck“ gesetzt und „bedroht“ wird, um in dem Fall mit ihnen zusammenzuarbeiten. „Wenn wir ihr irgendwie garantieren könnten, dass sie den Kontakt mit ihrem Sohn nicht verlieren würde … wäre das Problem gelöst, denn dann wäre sie bereit, freiwillig zurückzukehren“, sagte Eriksen.
Ein Pferdesportler, der Pferde auf dem Gestüt gekauft hat, auf dem Chung arbeitete und die sie in der Vergangenheit geschult hatte, sagte gegenüber der Polizei gesagt, dass sie sich in Dänemark nur wegen des Sports aufgehalten hat.

Chung Yoo-Ra
Diese Erkenntnis berührte einen empfindlichen Nerv im bildungsorientierten Südkorea. Gegen mehrere Professoren an der Ewha Womans University, darunter ein ehemaliger Schulpräsident, wurden Ermittlungen wegen Chungs angeblich bevorzugter Behandlung aufgenommen.
Ein südkoreanischer Sonderstaatsanwalt behauptet zudem, dass Chungs Mutter Millionen Dollar Bestechungsgelder von Samsung, Südkoreas größtem Konglomerat, zur Finanzierung der Reitkarriere ihrer Tochter und des luxuriösen Lebensstils in Europa erpresste.
Vor dem Gerichtstermin am Mittwoch hatte der Anwalt Eriksen gegenüber der Presse gesagt, dass seine Klientin kein Verbrechen begangen habe und dass die Auslieferung politisch motiviert sei. „Wir denken, das ist ein politischer Fall, und deshalb darf es keine Auslieferung geben“, sagte er.
von
Günter Schwarz – 23.04.2017