(Aarhus) – Es gibt fast nichts, dass wie Kunst für Skandale, Aufregung und Gesprächsstoff sorgen kann – manchmal mehr und manchmal weniger: Goldfische in einem Mixer, verweste Schweine, Fäkalien in der Dose oder die Zerlegung eines Cronhammer-Werks.

Auch Dänemark hat schon gelegentlich seinen Anteil an Kunst-Aufregern gehabt, und jetzt geht es schon wieder los: Die 55-jährige deutsche Künstlerin Katharina Grosse aus Freiburg/Breisgau bemalt gerade Teile eines Parks in Aarhus und wird dafür von vielen „verwirrten Kunstfreunden“ mit Hasstiraden in den sozialen Netzwerken bombardiert.

Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Landschaftsgemälde: Grünflächen, Bäume, Pflanzen und Hecken werden rot und weiß bemalt. Das großflächige Werk ist Teil der Ausstellung „The Garden“ – einer der Höhepunkte im Kulturhauptstadtjahr von Aarhus. In Kürze werden viele weitere verschiedene Werke die gesamte Küste südlich von Aarhus schmücken.

Es ist nicht das erste Mal, dass in Aarhus Kunst diskutiert wird. Die Ausstellungen „Sculptures by the Sea“ haben der Bevölkerung bereits Jahrelang die Kunst nähergebracht und immer wieder gibt es Kunstwerke, die die Betrachter nicht verstehen – entweder weil sie es nicht können, oder weil sie es nicht wollen.

Noch nie hatten die Proteste allerdings ein solches Ausmaß wie am vergangenen Wochenende erreicht. Ist das so in Ordnung, lautete die Frage in den sozialen Netzwerken, begleitet von Bildern der bemalten Flächen. Und damit begann die Diskussion:  Die Natur werde kaputt gemacht, um so auf die Natur aufmerksam zu machen – das sei grotesk. Einige diskutieren die Kunst, andere die Natur, während wiederum andere sich auf das typische Facebook-Niveau begeben: „You fucking  German piece of shit…“

Bis auf die persönlichen Beschimpfungen ist es herrlich mit einer hitzigen Kunstdebatte. Denn genau das ist es ja, was die Künstler mit ihrer Kunst erreichen wollen: Dass wir Stellung beziehen. Grosse hat genau das erreicht, was sie wollte, denn neben den „Ist-Das-Kunst“-Kommentaren regen sich andere darüber auf, dass man sich über Farbe an einem Baum aufregen kann, nicht aber, was wir in unserer modernen Gesellschaft sonst so akzeptieren um Autos fahren zu können, in den Urlaub zu fliegen, Steaks zu essen und, und, und… Die Kunst ist eben oft der entscheidende Funke, der uns zum Nachdenken anregt.

von

Günter Schwarz – 30.05.2017