(München) – Die CSU hat das Blatt überreizt. Seit drei Jahren drohen Horst Seehofer und die CSU der Kanzlerin. Von einer „Herrschaft des Unrechts“ war die Rede, sogar mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht drohte Seehofer. Der ewige Streit um eine „Obergrenze“ für Asylbewerber steckt CDU und CSU noch in den Knochen.

Doch die bayerische Drohkulisse verschärfte sich noch einmal massiv vor zwei Wochen. Grund sind die stagnierenden und schlechten CSU-Umfragewerte für die bayerische Landtagswahl am 14. Oktober. So wie es im Moment aussieht, wird die CSU ihre absolute Mehrheit verlieren. Der alte Grundsatz, dass rechts von der CSU keine demokratische Partei Bestand haben sollte, ist in Gefahr, denn die AfD liegt in den Umfragen konstant im zweistelligen Bereich.

Doch die CSU hat den Bogen überspannt. Ohne Gesichtsverlust kann sie nicht mehr einlenken. Aber wenn sie die Regierung in Berlin platzen lässt, gewinnt sie nichts. Denn sie lebt davon, dass sie nicht nur in Bayern regiert, sondern auch in Berlin mitregiert als starker Anwalt Bayerns.

Wenn sie in der Regierung bleibt, aber Horst Seehofer zurücktritt, ist sie geschwächt. Denn als CSU-Chef hat Seehofer in Berlin besonderes Gewicht in die Waagschale zu werfen. Die CSU hätte einen wichtigen Akteur verloren, ohne etwas gegen die CDU gewonnen zu haben.

Mit politischen oder gar inhaltlichen Gründen hat der Streit nichts mehr zu tun. Ganz offensichtlich ist das persönliche Verhältnis zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer zerrüttet. Die CSU Führung ist ohne strategischen Plan in diese Eskalation hineingeschlittert. Die Akteure, der neue Ministerpräsident Markus Söder, der CSU-Chef im Bundestag, Alexander Dobrint und der entmachtete Ministerpräsident und noch CSU-Chef Seehofer haben unterschiedliche Interessen und handeln offenbar nur aus ihrer Optik.

Die schwächste Figur im Spiel ist Horst Seehofer. Mittelfristig möchte ihn der neue bayerische Ministerpräsident Markus Söder beerben, Angela Merkel wird auf ihn nicht mehr Rücksicht nehmen. Er selbst hat sich mit seinen heftigen, aber letztlich leeren Drohungen verzockt.

von

Günter Schwarz – 02.07.2018