(Halstenbek) – Nach einer bundesweiten Serie von mehr als 200 Droh-Schreiben mit rechtsextremistischen Inhalten hat die Polizei einen Tatverdächtigen aus Schleswig-Holstein ermittelt. Wie es heißt, kommt der Mann aus Halstenbek im Kreis Pinneberg.

Es handelt sich offenbar um André M., der bereits 2007 festgenommen worden war, weil er mit einem Komplizen einen Bombenanschlag auf das Apfelfest in Rellingen im Kreis Pinneberg geplant haben sollte.

Der inzwischen Anfang 30-jährige M., der von deutscher Staatsangehörigkeit ist, wurde damals als „Apfelfest-Bomber“ bekannt. Verurteilt wurde er damals jedoch nicht sondern in eine Psychiatrische Klinik eingeliefert. Der Justiz ist er jedoch wegen zahlreicher anderer Fälle von Sachbeschädigung und Brandstiftung bekannt.

Mehr als zehn Jahre später steht er jetzt im Verdacht, Verfasser zahlreicher Mails unter anderem mit Bombendrohungen an Gerichte und andere Einrichtungen zu sein, wie Polizei und Generalstaatsanwaltschaft in Berlin heute mitteilten. Die Mails seien zum Teil mit „Nationalsozialistische Offensive“ unterzeichnet gewesen. Sie gingen demnach an Behörden in Hamburg, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Brandenburg.

In Schleswig-Holstein waren unter anderem die Rathäuser in Rendsburg und Flensburg sowie zahlreiche Gerichte betroffen. Auch in Göttingen und Schwerin gingen Drohungen ein. Im Fall der Bombendrohung in einem Regionalzug in Neumünster in dieser Woche war bei mehreren Medien ein Bekennerschreiben eingegangen – ebenfalls unterschrieben mit „Nationalsozialistische Offensive“. Jetzt wird laut Polizei ermittelt, ob der Verdächtige auch Verfasser von weiteren der insgesamt 200 Droh-Schreiben ist, die Gegenstand der Ermittlungen sind.

Wie die Beamten am Freitag mitteilten, hatten Ermittler des Landeskriminalamts (LKA) Berlin und des LKA Schleswig-Holstein tags zuvor eine Wohnung im nördlichsten Bundesland durchsucht und Beweismittel sichergestellt – unter anderem Computer und Handys. Halstenbeks Bürgermeister Claudius von Rüden bestätigte, dass es „im Zusammenhang mit den Drohschreiben polizeiliche Maßnahmen in Halstenbek“ gegeben habe.

Es gibt eine Kette von Indizien, die die Ermittler zu dem Tatverdächtigen geführt hat. Fraglich ist, ob der Mann vernehmungsfähig ist. Er soll psychisch labil sein und befindet sich derzeit offenbar unter psychologischer Betreuung in einem Krankenhaus.

M. ist für Ermittler und Justiz seit über zehn Jahren ein sehr bekanntes Gesicht: Drei Mal verurteilten ihn Gerichte, wegen weit über 100 Fällen von Sachbeschädigung und Brandstiftung – die letzten geschahen im Sommer 2014. Aufgestochene Reifen, brennende Autos und ein gesprengter Zigarettenautomat gingen auf sein Konto. Einmal wurde er in einer Psychiatrie untergebracht und erhielt eine Jugendstrafe von dreieinhalb Jahren, die anderen beiden Verfahren endeten insgesamt mit einer Haftstrafe von zwei Jahren und elf Monaten. Das bisher letzte Verfahren ging im Sommer 2017 zu Ende.

Gutachter attestierten ihm immer wieder eine Persönlichkeitsstörung. Ein Tatvorwurf gegen ihn machte besondere Schlagzeilen: 2007 wurde er mit einem Spezialeinsatzkommando festgenommen, weil er angeblich einen Bombenanschlag auf das Rellinger Apfelfest geplant hatte. Von dem daraus folgenden Anklagepunkt, sich zu einem Mord verabredet zu haben, blieb vor Gericht nichts übrig: M. wurde davon freigesprochen. Das Gericht hatte große Zweifel daran, dass er die Pläne ernst meinte.

Der Verdächtige soll seit April 2018 Bombenanschläge auf die angeschriebenen Gerichte und Einrichtungen angekündigt haben. Die betroffenen Behördengebäude wurden evakuiert und mit Sprengstoffspürhunden abgesucht. Gefunden wurde nichts. Außerdem soll der Mann auch Erpresser- und Drohbriefe an Politiker, Prominente, Anwälte, Journalisten und den Zentralrat der Juden verschickt haben, die er offenbar wahlweise mit „Nationalsozialistische Offensive“, „NSU 2.0“, „Wehrmacht“ oder auch „RAF“ unterzeichnete.

Behörden aus Schleswig-Holstein äußerten sich bislang nicht zur Ermittlung des Tatverdächtigen aus Halstenbek. Polizei und Staatsanwaltschaft verwiesen auf die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft in Berlin.

von

NDR, überarbeitet von Günter Schwarz – 05.04.2019