(Flensburg) – Der „Providentia“ sieht man ihre 124 Jahre nicht mehr an, wenn sich der Oldtimer im Wasser des Flensburger Hafenbeckens spiegelt – kurz bevor zwei Lehrer und vierzehn Schüler der Flensburger Ostseeschule an diesem Freitag mit dem Schiff zu ihrem Unterricht auf hoher See auslaufen.

Acht- und Neuntklässler der Schule, die sich für die Fahrt beworben haben, gehen an Bord. Für dreieinhalb Wochen findet ihr Schulunterricht statt in mehr oder weniger öden Klassenzimmern auf dem Kutter „Providentia“ statt. Dieses ist nur dank langer, harter und für die Schüler sicher ungewohnte Arbeit im Handwerk-Unterricht der Mürwiker Schule möglich, bei der insgesamt weit mehr als 100 Schüler den Kutter innerhalb von fünf Jahren restauriert und wieder „flott gemacht“ haben.

Seine besten Jahre hat das Schiff in Finkenwerder verbracht. Dort war es Teil einer Hochseefischerflotte und noch bis ins 20. Jahrhundert hinein fast jeden Tag auf der Elbe und auch auf der Nordsee unterwegs – im Sommer wie im Winter. Damals gab es einen harten Konkurrenzkampf zwischen den Elbfischern, und deshalb fuhr der Kutter auch bei eisigem Wetter auf die Nordsee zum Fischen hinaus. Das hinterließ im Laufe der vielen Jahre tiefe Spuren an der „Providentia“.

Bis 2012 lag der Hochseekutter auf dem Trockenen, denn niemand wollte das marode Schiff haben. Zu viel Arbeit und Schweiß hätte investiert werden müssen, damit die „Providentia“ wieder seetüchtig gemacht werden kann. Die Argumente, die potentielle Käufer abschreckten, zogen schließlich Ostseeschulleiter Ulrich Dehn an, und er bekam den maroden Kutter von einem Schiffbauer aus Hamburg geschenkt. Damit wurde die „Providentia“ zu einem Schulprojekt der Flensburger Ostseeschule.

Im Laufe der Jahre haben dann rund 140 Schülerinnen und Schüler an dem Projekt mitgearbeitet. Im Handwerk-Unterricht haben sie unter Anweisung von freiwillig helfenden Bootsbauern die „Providentia“ auf Vordermann gebracht. Ihr Ziel war es, den alten Hochseekutter als einzigartiges Kulturdenkmal zu restaurieren und zu erhalten.

Jetzt ist die Arbeit getan, und die „Providentia“ kann wieder in See stechen. Jeder, der mitfahren wollte, sollte in seiner Bewerbung genau beschreiben, mit welchen Talenten er oder sie sich während des Trips in der Gruppe einbringen kann. Schulleiter Dehn vertraut auf seine Schützlinge und auf die wochenlange Vorbereitung.

Die größte Herausforderung während der Fahrt, so der Schulleiter, sei für die Jugendlichen mit Sicherheit der absolute Verzicht auf Smartphone und Social Media. Eine Urlaubsfahrt wird es für sie also nicht. Während der Fahrt, die von Flensburg aus über Bornholm nach Göteborg führen soll, werden die Schüler auch an Bord weiter in den klassischen Schulfächern unterrichtet – und Schulschwänzen dürfte dort sicher nur schwerlich möglich sein.

von

Günter Schwarz – 23.08.2019

Fotos: Ostseeschule Flensburg