An mehreren Stellen gibt es Warteschlangen an Tankstellen und Geldautomaten. Aber auch wenn einige nervös sind, nehmen es die Menschen in der Ostukraine „ziemlich gut“. In der Ukraine bereiten sich die Menschen auf den Krieg vor.

Vielerorts wird von Menschen auf der Flucht aus den Großstädten berichtet, außerhalb der Landeshauptstadt Kiew ist die Umgehungsstraße voller Autos. Einer von denen, die gerade vor den Kämpfen fliehen, ist der Däne Jesper Lindholt, Direktor der Firma Livatek in der Ukraine.

Am Donnerstagmorgen wachte er in seinem Haus in Lwiw (Lemberg) nahe der polnischen Grenze auf, wo er entdeckte, dass die russische Offensive begonnen hatte. „Dann warfen wir die Familie ins Auto und fuhren sofort bis zur polnischen Grenze. Hier haben wir drei Stunden bewartet, ohne uns bewegen zu können Wir wissen eigentlich nicht, ob die Grenze geschlossen ist“, sagt er.

„Vor der Flucht rief Jesper Lindholt so viele der 60 Mitarbeiter der Firma Livatek an, die er erreichen konnte, und einige haben bereits mit der Flucht begonnen. Im Moment glaubt Jesper Lindholt nicht, dass er mehr tun kann. Und deshalb kümmere er sich vorerst um die Sicherheit seiner Familie, sagt er. „Jetzt fahren wir auf die andere Seite der Grenze, und dann versuche ich, mir einen Überblick zu verschaffen, wo meine Mitarbeiter sind.

Am Donnerstagmorgen suchten Menschen Zuflucht in einer U-Bahn-Station in Kiew. Foto: Daniel Leal

Auch am anderen Ende des Landes versucht Thomas Sillesen, Geschäftsführer der Firma Akkerman, seinen 112 Mitarbeitern so gut es geht zu helfen. Bereits am Mittwoch fuhr er nach Charkiw im Nordosten des Landes, um „seinen Leuten zu raten“ und sie zum Verlassen der Stadt zu veranlassen. „Leider wollten nicht alle unsere Leute mitmachen. Aber einige wollten heute Morgen weg, weil sie von Bombeneinschlägen in Charkiw aufgewacht sind“, erzählt er.

Bilder, die im Fernsehsender Al Jazeera gezeigt wurden, zeigen Explosionen unter anderem von Dnipro und Charkiw aus den frühen Morgenstunden.

Von Al Jazeera verifizierte Bilder zeigen Explosionen unter anderem von Dnipro und Charkiw aus den frühen Morgenstunden.

Auf dem Heimweg machte Thomas Sillesen einen Zwischenstopp in der Stadt Dnipro im Südosten der Ukraine, wo er am Donnerstagmorgen von Bombengeräuschen geweckt wurde. Jetzt sitzt er in seinem Auto in Richtung Westen. Hier spricht er über lange Schlangen an Tankstellen und Geldautomaten. Aber auch wenn einige nervös sind, ist die Situation laut Thomas Sillesen im Allgemeinen „einigermaßen ruhig“.

Vor einer Bank in Charkiw stehen Menschen Schlange, um Geld abzuheben. Foto: TV2

„Es ist absurd zu erleben, dass die Menschen nicht in Panik sind. Aber das sind sie nicht. Sie nehmen es eigentlich ziemlich gut“, sagt er.

Thomas Sillesen hat dafür gesorgt, dass seine Mitarbeiter ihre Gehälter im Voraus ausbezahlt bekommen, damit sie sich keine Sorgen um ihre finanzielle Situation machen müssen. „Diejenigen, die weggehen wollen, gehen weg. Und diejenigen, die bleiben wollen, bleiben. Das kann ich mir nicht leugnen“, sagt der Firmendirektor.

Thomas Sillesen selbst fürchtet nicht um seine Sicherheit. Bisher wurden nur strategische Ziele angegriffen. Das heißt aber nicht, dass er sich keine Sorgen um die Situation macht. „Jetzt werden wir in den nächsten Monaten eine Vergewaltigung des Volkes erleben, die in Zeitlupe stattfindet. Das finde ich natürlich zutiefst tragisch“, schließt er.

Quelle: TV2 – übersetzt und bearbeitet von

Günter Schwarz – 24.02.2022

Fotos: TV2