Nachdem der türkische Regierungschef, Ministerpräsident Davutoglu, seit Tagen von Anhängern des Staatspräsidenten „sturmreif geschossen“ wurde, erklärte er am heutigen Donnerstag, von seinem Amt zurücktreten zu wollen und auch nicht länger für den Vorsitz der „Erdogan Partei“ AKP zur Verfügung zu stehen. Die Neuwahl des Parteivorsitzenden ist für den 22. Mai auf einem Sonderparteitag der AKP vorgesehen.

Der Konflikt zwischen Staatschef Erdogan und Ministerpräsident Davutoglu schwelt bereits lange und konnte offensichtlich auch nicht am gestrigen Abend beigelegt werden, an dem sich die beiden Politiker zu einem Krisentreffen zusammengesetzt hatten.

Grundsätzlich hat uns diese innerpolitische Entscheidung der Türkei nicht weiter zu interessieren, wenn nicht da der „Deal“ um die Flüchtlinge besonders aus Syrien und anderen Krisengebieten das Nahen Ostens wäre, den die EU mit der Türkei kürzlich ausgehandelt hat. Während von europäischer Seite besonders die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel federführend beim Zustandekommen dieses Vertrages war, zeichnete auf türkischer Seite maßgeblich der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu die Übereinkunft ab.

Staatschef Erdogan hielt sich seinerzeit scheinbar weitgehend aus den Verhandlungen heraus und ließ seinen Regierungschef „gewähren“, was sich jetzt im Nachhinein sicher als Trugschluss erweisen wird, denn  Erdogan verfolgt von Anfang an, seit er das Amt des Staatspräsidenten inne hat, die Errichtung eines präsidentiellen Regierungssystems mit weitgehenden exekutiven Befugnissen des Staatspräsidenten, das dem Regierungschef Davutoglu zuwider lief.

Nicht nur die deutsche Bundeskanzlerin sondern ganz Europa wird derzeitig mit großer Sorge in die Zukunft und auf die weitere Entwicklung in der Flüchtlingspolitik blicken. Mit einem erheblichen Anstieg der Flüchtlingszahlen in und auf Europa ist zu rechnen, denn es ist nicht zu erwarten, dass Erdogan sich an den Vertrag zwischen der Türkei und EU halten wird.

Für ein einiges Europa und der europäischen Union bedeutet diese innertürkische Angelegenheit eine erneute Zerreißprobe, bei der sich erweisen wird, inwieweit sich die Europäer wirklich einig und bereit sind, solidarisch füreinander einzustehen.