Antifaschistischer Unverstand
Die paar Euro fünfzig, die die Dinger gekostet haben, sind ihr egal. Aber der Grund dafür, dass die beiden schwarz-rot-goldenen Stoffüberzüge neulich morgens plötzlich von den Rückspiegeln ihres Opel Astras verschwunden waren, ärgert Vanessa Neumahr dann doch. „Das ist einfach nur albern – und völlig übertrieben“, sagt die 31-Jährige und präsentiert einen kleinen Zettel, der an besagtem Morgen hinter dem Scheibenwischer des Wagens klemmte, den sie wie immer in der Nähe ihrer Wohnung in Schleswig am Brautsee geparkt hatte. Er beginnt mit folgenden Worten:
„Liebe*r Autofahrer*In, ich habe Ihre Nationalfahne entfernt, da sie in jedem Fall Nationalismus produziert. Mit diesem Fähnchen schließen Sie sich dem Partypatriotismus an.“
Was dann folgt, ist eine Warnung, die sich gewaschen hat. Denn, so ist weiter auf dem Zettel zu lesen, die Zahl rechtsextremer Gewalttaten steige laut einer Studie während internationaler Sportereignisse, wie jetzt etwa bei der Fußball-Europameisterschaft, deutlich an – mit fatalen Konsequenzen, wie weiter zu lesen ist: Nationalismus grenze aus und „tötet durch rassistische Gewalt, brutale Abschottungspolitik und Abschiebung in Krisengebiete“.
Dieser Zettel klemmte jetzt hinter dem Scheibenwischer von Vanessa Neumahrs Auto. Foto: wim
Der Aufkleber an der Heckscheibe zeigt, was die zweifache Mutter von Rassismus hält. Foto: wim
Anzeige wegen Diebstahls hat die junge Frau übrigens nicht erstattet. Der Schleswiger Polizei sind bislang auch keine weiteren Fälle bekannt. „Dafür ist der Wert dann doch zu gering“, sagt Neumahr. Sie hat sich inzwischen aber neue Spiegel-Überzüge gekauft. „Die Lust auf die EM lasse ich mir durch die Geschichte ganz bestimmt nicht nehmen“, fügt sie an. Schon morgen werden sie und ihre Familie wieder leidenschaftlich die Daumen drücken für die deutsche Nationalmannschaft.
Sollte die sogenannte „Antifaschistische Aktion“ weitere derartige „Aktivisten“ in ihren Reihen haben, so sei denen geraten, sich zumindest soweit politisch fortzubilden, um zumindest zwischen einem gesunden Patriotismus und einem überzogenen Nationalismus differenzieren zu können. – Und sollte es ihnen zu schwer fallen, sich diesen „theoretischen Kram“ einzuprägen, so dürfen auch sie sich morgen Abend das Fußballspiel Deutschland vs. der Slowakei ansehen – und dürfen bei einem Tor oder gar dem Sieg Deutschlands sogar JUBELN, ohne als „Nazis“ in Verdacht zu geraten!
von
Günter Schwarz – 25.06.2016