Es ist eine explosive Mischung in Köln – es demonstrieren nationalkonservative Anhänger des türkischen Präsidenten, Kritiker Erdoğans, Rechtsextreme und Linke. Die Polizei hofft auf friedliche Proteste, hält aber auch Wasserwerfer bereit. Ein Überblick.

In Köln hat sich die Polizei auf einen der größten Einsätze seit langem vorbereitet: Bis zu 30.000 Anhänger des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan werden am Nachmittag erwartet. Zeitglich laufen vier Gegendemonstrationen. Auch Rechtsextremisten wollen durch die Stadt ziehen. Insgesamt 2700 Polizisten sollen dafür wachen, dass es friedlich bleibt.

Ein Verbot der Pro-Erdogan-Demonstration hat Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies inzwischen ausgeschlossen: „Wir haben die Versammlungs-, Gefährdungs- und Kräftelage erörtert. Ein Verbot der Versammlung kommt nach Bewertung der Gefährdungsaspekte und insbesondere vor dem Hintergrund der Kräfteaufstockung rechtlich nicht in Betracht“, erklärte er am Samstagabend.

Die Polizei fürchtet, dass die Stimmung sehr aufgeheizt sein wird. Bei der türkischen Kundgebung mit dem Titlel „Ja zur Demokratie – Nein zum Staatsstreich“ soll unter anderem der türkische Sportminister sprechen. Auch Erdoğan wollte sich per Live-Schalte äußern. Das Bundesverfassungsgericht hat die Übertragung aber aus formalen Gründen nicht zugelassen. Die Polizei wollte die Schalte ebenso verhindern. Polizeipräsident Mathies hatte befürchtet, dass es sonst „zu einer hochemotionalisierten Lage kommt“.

Polizei will alle ihre Mittel einsetzen

Die Polizei hat alle Demonstranten zur Mäßigung und Zurückhaltung aufgerufen. Falls es zu Gewalt kommt, wollen die Sicherheitskräfte hart durchgreifen: „Wir werden konsequent mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln alles tun, um Auseinandersetzungen mit Teilnehmern anderer Versammlungen und Ausschreitungen zu verhindern“, erklärte Mathies. Es stehen unter anderem Wasserwerfer bereit. Eine weitere Gefahr droht vom linken Spektrum. Die Polizei erwartet, dass auch gewaltbereite Autonome anreisen.

Bei der türkischen Demo werden auch türkischsprachige Polizisten im Einsatz sein, um Gefahren frühzeitig erkennen zu können. Die Polizei hat zudem ein Bürgertelefon eingerichtet unter der Rufnummer 0221 229-7777. Außerdem will sie die Bürger auf Facebook und Twitter unter #koeln3107 über die aktuelle Lage informieren. Die Nachrichten werden auch auf Türkisch verschickt.

Fünf Kundgebungen angemeldet

Die Pro-Erdogan-Demonstration beginnt um 15 Uhr auf der Straße Deutzer Werft. Angemeldet wurde sie von der Union Europäisch-türkischer Demokraten (UETD), die der türkischen Regierungspartei AKP nahesteht. Hier soll es nur eine Kundgebung geben, aber keinen Demonstrationszug. Nicht weit davon entfernt ist die Kundgebung der linken Gruppierung „Internationale Krefelder“ angemeldet, mit dem Titel „Erdoğans langer Arm in Deutschland“, zu der etwa 20 Teilnehmer erwartet werden.

Auf der anderen Rheinseite soll ab 11.30 Uhr am Hauptbahnhof der Aufzug von Rechtsextremisten starten. Dahinter steckt unter anderem die rechtsextremistische Splitterpartei Pro NRW. Die Teilnehmer wollen durch die Innenstadt ziehen. Die Polizei hatte diesen Marsch zunächst verboten, weil sie Ausschreitungen befürchtete. Die Richter sahen dafür allerdings keine ausreichenden Anhaltspunkte und hoben das Verbot wieder auf.

Die größte Gegendemonstration wird von den Jugendorganisationen von SPD, Grünen, Linken und FDP veranstaltet. Etwa 1500 Teilnehmer werden zu der Kundgebung des Bündnisses „ErdoWahn Stoppen – Für Demokratie und Menschenrechte in der Türkei“ erwartet. Für den Aufzug des Bündnisses „Köln gegen Rechts“ wurden etwa 500 Teilnehmer angemeldet

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Günter Schwarz  – 31.07.2016