Graf Philipp Christoph von Königsmarck verschwand vor 322 Jahren spurlos. Niemand konnte sagen, was ihm zugestoßen war – er war und blieb verschwunden. Jetzt entdeckten Bauarbeiter unter dem Leineschloss menschliche Knochen. Gehören sie dem damals verschwundenen Adligen?

Bei Renovierungsarbeiten im Leineschloss in Hannover stießen Bauarbeiter auf menschliche Knochen. Ersten Ermittlungen zufolge könnte es sich um die sterblichen Überreste von Graf Philipp Christoph von Königsmarck handeln. Chroniken zufolge war er in der Nacht zum 1. Juli 1694 spurlos verschwunden.

Mit dem Knochenfund könnte möglicherweise ein mehr als 300 Jahre alter Kriminalfall, der seinerzeit zu einer Staatsaffäre führte, doch noch gelöst werden. „Die Leiche lag in rund acht Metern Tiefe unter dem Fundament“, sagte Thomas Klinge, Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover. Die Knochen wurden schon am 10. August entdeckt und der Polizei übergeben worden, woraufhin zunächst einmal die Staatsanwaltschaft Hannover eingeschaltet wurde. Rechtsmediziner der Medizinischen Hochschule Hannover nahmen die sterblichen Überreste unter die Lupe, wobei die Experten eine genaue Todesursache allerdings nicht mehr feststellen konnten.

Liebesbeziehung mit Prinzessin

Graf Philipp Christoph von Königsmarck war ein Offizier und Hofkavalier und lebte mit seinem Hausstand von 29 Dienern und 52 Pferden in Hannover. Er hatte eine Liebesbeziehung mit Prinzessin Sophie Dorothea von Braunschweig und Lüneburg, mit der er seit seiner Jugend befreundet war. Die Dame war allerdings bereits vergeben, und im Alter von 16 Jahren musste sie ihren Vetter, Herzog Georg Ludwig zu Braunschweig und Lüneburg, den späteren König Georg I. von Großbritannien, heiraten. Die politisch motivierte Ehe war wohl eher unglücklich.

Mit ihrem Geliebten plante die Adlige im Sommer 1694 ihre Flucht. Doch Gräfin Clara Elisabeth von Platen, eine Mätresse des Kurfürsten, erhielt Kenntnis über die verbotene Liaison und den Fluchtplan der beiden Liebenden. Sie verriet die beiden, woraufhin der Graf im Leineschloss unmittelbar danach plötzlich spurlos verschwand.

Die gefundenen Knochen sollen jetzt der Stadt Hannover übergeben werden. Eine sogenannte mitochondriale Untersuchung könnte weitere Aufschlüsse über die Person geben, der die Knochen zuzuordnen sind. Dabei wird DNA aus dem Gewebe oder den Knochen entnommen. „Archäologen könnten die DNA mit der von noch lebenden Nachfahren des Grafen von Königsmarck vergleichen“, sagte Oberstaatsanwalt Klinge. Sollte es eine Übereinstimmung geben, „dann könnten wir doch noch den Nachweis erbringen, dass es Mord war“.

von

Günter Schwarz – 28.08.2016