In København eröffneten zwei weibliche Imame eine Moschee – und setzen so ein starkes Zeichen. In Kopenhagen wurde eine von Frauen geführte Moschee eröffnet. Die weiblichen Imame wollen für eine weniger patriarchale Religion kämpfen. Während Europa über die vermeintliche Rückständigkeit des Islams diskutiert, setzen sie ein Zeichen.

Europaweit wird derzeit überaus kontrovers über den Islam diskutiert. Die Religion steht im Ruf, rückständig, fundamentalistisch und gar terroristisch zu sein. Als Symbole dieser vermeintlichen Rückwärtsgewandtheit halten derzeit die Diskussionen um die Burka und den Burkini her, also die Ganzkörperverschleierung und lange Badeanzüge mit Kopfteil.

Dass diese nur einen ganz kleinen Aspekt dessen repräsentieren, für was der Islam stehen kann, zeigt sich jetzt in København. In der dänischen Hauptstadt kam es am Freitag zu einem Freitagsgebet der ganz besonderen Art, denn wurde es von zwei weiblichen Imamen gehalten – in der ersten von Frauen geführten Moschee in Skandinavien. Sie wollen patriarchale Strukturen der Religion aufbrechen

Es ist ein geschichtsträchtiger Vorgang, denn dass Frauen muslimische Glaubenshäuser leiten, ist bisher eine absolute Rarität.  Sherin Khankan und Saliha Marie Fetteh heißen die beiden weiblichen Imame, die am Freitag etwa sechzig Frauen in der Mariam Moschee zum Gebet begrüßten. Passenderweise drehte sich ihre Eröffnungsrede dann auch um „Frauen und den Islam in einer modernen Welt“.


Mariam Moschee in København …
Vielen Dank an alle muslimischen Frauen, die heute den Weg in die Mariam Moschee zum Freitagsgebet gefunden haben und Dank allen nicht-muslimischen Frauen, die mit uns in Solidarität zusammen beteten.
Die moderne Welt und der Islam: Sind sie doch nicht so unvereinbar, wie es viele Religions- und Islamkritiker immer wieder beschwören? Khankan zumindest formuliert die Prinzipien der Moschee kämpferisch: „Wir wollen patriarchale Strukturen in den religiösen Institutionen anfechten. Der Islam war immer männlich dominiert, Frauen sind auch bei den Katholiken und im Judentum noch nicht gleichgestellt, bei den Protestanten in Dänemark erst seit 1948“, sagte sie der britischen Tageszeitung „The Guardian“.

Teil einer globalen Bewegung

So solle nicht nur ein fortschrittlicher Islam gelehrt werden, sondern auch die wachsende Islamophobie der Menschen abgebaut werden. Khankan berichtet: „Wir haben sehr viele positive Reaktionen auf die Moschee bekommen – aus Pakistan, dem Iran, Europa, der Türkei und arabischen Ländern.“

Auch diese Twitter-Nutzerin ist begeistert: „Sherin Khankan zeigt, wie frei Frauen im Islam sind“, schreibt sie:

Der feministische Vorstoß ist kein Einzelfall. Københavns Predigerin erklärt: „Diese Bewegung in Dänemark ist Teil eines größeren, weltweiten Phänomens.“

So eröffnete im vergangenen Jahr etwa die Women’s Mosque of America in Los Angeles, seit 2008 hält im britischen Oxford mit Amina Wadud eine Frau Freitagsgebete. Auch in China gibt es einige von Frauen geführte Moscheen.

Doch auch Gegenwind bekommen die Frauen zu spüren. Denn Frauen, die als Imam praktizieren, sind im Islam seit jeher umstritten. Drei von vier sunnitischen Rechtsschulen erlauben dabei ausdrücklich, dass weibliche Vorbeter Frauengruppen anleiten dürfen. Dass Frauen auch das Freitagsgebet für Männer führen, ist dagegen in allen muslimischen Rechtsschulen untersagt.

Imame haben ähnliche Aufgaben wie Priester der katholischen Kirche, sie leiten etwa die täglichen Gebete und halten die Predigt am Freitag. Allerdings gibt es mehrere wesentliche Unterschiede zum Katolizismus, denn Imame können ihre Tätigkeit auch im Nebenberuf ausüben. Viele Gemeinden wählen ihren Imam selbst. Anders handhabt das der türkische Ditib. Über ihn entsendet die türkische Religionsbehörde hauptamtliche Imame, auch nach Deutschland.

Dennoch ist die Eröffnung der Mariam Moschee in København ein klares Zeichen – besonders in Zeiten, in denen muslimische Frauen in der öffentlichen Diskussion einmal mehr zu willenlosen Opfern männlicher Dominanz stilisiert werden. Khankan gibt sich zumindest optimistisch, hier ein Umdenken bewegen zu können: „Es ist sehr schwer das Narrativ der unterdrückten muslimischen Frau aufrecht zu erhalten, wenn Frauen selbst die Führung übernehmen.“

von

Günter Schwarz – 28.08.2016