Die Deutschen in ihrer fast angeborenen Überheblichkeit rühmen sich häufig dafür, gut zu wirtschaften und mit Geld und in finanziellen Dingen gut zurecht zu kommen. Doch eine Studie zeigt – weit gefehlt! Andere Europäer machen deutlich mehr aus ihrem Geld. Die Bundesbürger sollten sich mal etwas von den Finnen abschauen, denn die wissen, wie man’s macht!

Wenn sich die Deutschen in einem sicher sind, dann darin, dass sie Sparweltmeister sind. Alle anderen können (angeblich) nicht mit Geld umgehen, verjubeln ihre Einkommen, verschulden sich über beide Ohren (wie die „faulen“ Griechen). – Nur die „fleißigen“ Deutschen wissen es natürlich besser und personifizieren es in der „schwäbischen Hausfrau“ und dem ewigen Finanzminister Wolfgang Schäuble, der ja auch ein „Schwäble“ ist..

Dumm ist nur, dass die Fakten eine vollkommen andere Sprache sprechen. Eine Untersuchung der Allianz beweist nun, dass die Deutschen vielleicht Meister darin sind, auf möglichst viel zu verzichten und so viel Geld wie es geht zurückzulegen. Vom Sparen, also dem sinnvollen und schlauen Anlegen des Geldes, haben sie jedoch nicht die leiseste Ahnung, ja, sie vernichten geradezu ihr mühsam verdientes Geld.

Die Ökonomen der Allianz haben sich dazu angeschaut, wie sich die Geldvermögen in den vergangenen Jahren weltweit entwickelt haben. Für diverse europäische Länder haben sie dann auf dieser Basis errechnet, wie viel Rendite diese Vermögen zwischen 2012 und 2015 brachten. Die Differenzen sind eklatant.

Ganz vorne lagen die Finnen, die ihr Erspartes jedes Jahr um fast sieben Prozent nach Abzug der Inflation mehren konnten. Die Niederländer brachten es auf 4,7 Prozent, auch die Franzosen noch auf 3,6 Prozent. Die Deutschen dagegen fuhren gerade mal noch eine Rendite von 2,3 Prozent ein. Nur die Österreicher liegen noch dahinter mit „mickrigen“ 1,0 Prozent.

Das allein wäre schon schlimm genug. Doch das Bild verschlechtert sich noch, wenn man etwas tiefer in die Daten einsteigt. Denn die Wertveränderung speiste sich jeweils aus ganz unterschiedlichen Quellen.

Wie die Niederländer Geld machen

So stieg das Geldvermögen der Niederländer beispielsweise zwischen 2012 und 2015 pro Kopf um 23.330 Euro. Davon entfielen 17.880 auf die Wertveränderung des Angelegten, also beispielsweise auf steigende Aktienkurse. Zusätzlich ergab sich ein Plus von 10.970 Euro aus Zinsen und Dividenden. Und am Ende lösten die Niederländer noch 5.510 Euro an Ersparnissen auf, so dass unter dem Strich ein Plus von 23.300 Euro blieb.

Zehn Prozent Aktien hätten schon geholfen

Ganz anders die Deutschen. Ihr Pro-Kopf-Vermögen erhöhte sich um 10.670 Euro. Davon gingen gerade mal 2890 Euro auf Wertveränderungen zurück, 5320 auf Zinsen und Dividenden. Um überhaupt auf die Gesamtsumme von 10.670 Euro zu kommen, mussten sie dann aber noch zusätzliche 2550 Euro von ihrem Einkommen abzwacken.

Kurz: Die Deutschen sparen sich das Geld zwar vom Munde ab. Trotzdem wächst ihr Vermögen langsamer als bei anderen, die überhaupt nicht zusätzlich sparen, sondern sogar noch Ersparnisse auflösen, um sich etwas zu leisten. „Die hohen Sparraten und die relativ gute Einkommensentwicklung haben dazu geführt, dass die Vermögen in Deutschland gestiegen sind“, kommentiert Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise den Befund. „Nicht die erzielte Rendite – die ist in Deutschland sehr niedrig.“

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Das liegt natürlich an der Anlagestrategie der Deutschen. Rund 40 Prozent ihres Geldes parken die Deutschen nach wie vor bei den Banken, inzwischen meist verzinst mit exakt Null Prozent. Manch einer muss sogar schon Strafzinsen bezahlen. Doch das scheint den Deutschen nichts auszumachen „Von den Neuanlagen landen sogar 50 Prozent auf den Bankkonten“, sagt Heise.

Er hat daher durchrechnen lassen, wie sich das Geldvermögen der Deutschen entwickelt hätte, wenn sie statt 40 Prozent nur 30 Prozent des Geldes auf Tagesgeldkonten oder Sparbüchern liegen und die freiwerdenden zehn Prozent in Aktien anlegt hätten. Das Ergebnis ist, die deutschen Haushalte hätten ihre Rendite auf diese Weise zwischen 2012 und 2015 um einen Prozentpunkt erhöhen und ihr Vermögen um 200 Milliarden Euro zusätzlich steigern können. Das sind immerhin 2500 Euro pro Kopf, auf die die Deutschen verzichtet haben.

Netto-Geldvermögen verfälscht die Analyse

Und das sind nur die Zahlen für die zurückliegenden drei Jahre. Man kann sich ausmalen, welche Summen zusammenkämen, wenn man eine ähnliche Rechnung für die letzten drei Jahrzehnte oder noch längere Zeiträume anstellen würde. Und dann wird auch verständlich, warum das Vermögen der Deutschen im weltweiten Vergleich so gering ist.

Denn bei der Aufstellung der Allianz landet Deutschland in dieser Hinsicht nur auf Rang 18, mit einem Netto-Geldvermögen von rund 47.700 Euro pro Kopf. Die Briten besitzen rund das Doppelte mit fast 96.000 Euro, die US-Amerikaner mehr als das Dreifache mit 161.000 Euro, und an der Spitze stehen die Schweizer mit 171.000 Euro. Diese Zahlen sind zwar nur bedingt vergleichbar. Denn beispielsweise werden Pensionsansprüche aus Kapitalvermögen eingerechnet, was beispielsweise das Vermögen in den USA nach oben treibt, Rentenansprüche aus dem deutschen Umlageverfahren fließen dagegen aus methodischen Gründen nicht ein.

Vor allem der Wert aus der Schweiz führt zudem in die Irre, denn hier werden alle im Land befindlichen Vermögen eingerechnet, auch jene, die Ausländern gehören, und dann durch die Einwohnerzahl der Schweiz geteilt. In der entsprechenden Summe ist daher ein gehöriger Teil enthalten, der ausländischen Anlegern gehört.

Zehn Prozent der Deutschen besitzen 60 Prozent

Nützlich sind die Zahlen dennoch, wenn man den Verlauf über die Jahre vergleicht, denn die Tendenz ändert sich ja nicht durch die unterschiedlichen Grundgesamtheiten. Und dabei zeigt sich, die Deutschen sparen und sparen zwar, sie rangieren heute beim Netto-Geldvermögen dennoch genau da, wo sie auch schon im Jahr 2000 standen: Auf Platz 18 weltweit – trotz der brummenden Konjunktur, steigender Einkommen und rekordhoher Sparquoten.

Gleichzeitig ragt Deutschland noch in einem anderen Punkt heraus. Denn hierzulande ist die sogenannte Vermögensmittelschicht besonders klein, also jener Teil der Bevölkerung, dessen Netto-Geldvermögen zwischen 30 und 180 Prozent des jeweiligen nationalen Durchschnitts beträgt. In dieser Gruppe befinden sich rund 38 Prozent der Deutschen.

In Irland, Spanien, Italien oder Belgien sind es dagegen über 50 Prozent, auch in Frankreich, Polen, Tschechien oder Australien sind es mehr als 45 Prozent. Nur in den USA sind es mit 22 Prozent deutlich weniger, Großbritannien, Japan und Österreich liegen leicht hinter Deutschland. „Dafür besitzen die reichsten zehn Prozent in Deutschland jedoch besonders viel“, erläutert Michael Heise. „Ihnen gehören rund 60 Prozent des Vermögens.“

Das ist letztlich nur logisch, denn es sind diese reichsten zehn Prozent, die einen guten Teil ihres Vermögens am Kapitalmarkt investieren, während alle anderen Aktien für Teufelszeug halten. Sie legen ihr Geld nach wie vor auf das Bankkonto und sehen dabei zu, wie es Jahr für Jahr, nach Abzug der Inflation, weniger wird. Und die Tragik ist: Es gibt nicht die leisesten Anzeichen, dass sich daran etwas ändert.

von

Günter Schwarz – 23.09.2016