Prorussische Separatisten, die Teile der Ostukraine beherrschen, führen im Auftrag von Moskauer Beratern einen Propagandafeldzug gegen die Regierung in Kiew und gegen den Westen. Dies geht aus Tausenden E-Mails hervor, die Frontal21 und der Wochenzeitung DIE ZEIT vorliegen. Die Berater gehören offenbar zum Umfeld des Kremls oder zur Präsidialadministration von Wladimir Putin. Dieser hatte bisher immer bestritten, die Separatisten in der Ostukraine erhielten Weisungen aus Moskau.

In einem 41-seitigen Strategiepapier geben russische Berater detailliert vor, wie gegen die gewählte ukrainische Regierung Propaganda gemacht werden soll. Laut dem Dokument vom August 2015 soll von der Regierung in Kiew das „Bild einer Junta entwickelt“ werden. Russland und ihr Präsident dagegen sollen positiv dargestellt werden. Das Strategiepapier fordert, die „Unterstützung der Republiken durch Russland“ zu inszenieren. Auf Seite 22 schlagen die russischen Berater konkrete Projekte vor. Sie sollen zeigen, wie dankbar die Bevölkerung der Ostukraine Putin sei, zum Beispiel: „Eine Oma strickt Socken für Putin, Kinder malen Putin-Porträts“, auch eine Straße soll nach dem russischen Präsidenten benannt werden.

Repressalien gegen kritische Journalisten

Es sollen „Kommentargruppen für das Internet gegründet“ werden, die in sozialen Medien wie Facebook im Sinne Russlands kommentieren. Aufgrund der Intensität ihrer Arbeit soll der Eindruck entstehen, dass „eine Mehrheit so denkt“.

Außerdem belegen die Donezk-Leaks, dass kritische Journalisten mit Repressalien rechnen müssen. Die Separatisten werten dazu systematisch die internationale Berichterstattung aus und legen „rote Listen“ an. Betroffen sind zum Beispiel die Nachrichtenagenturen Reuters und Associated Press (AP). In den Donezk-Leaks heißt es: „Reuters und AP sind grundsätzlich Feinde Russlands im Informationskrieg“.

Das rund elf Gigabyte große Daten-Leak stammt aus dem Informationsministerium der Separatisten in der Ostukraine. Vom E-Mail-Account der Ministerin Elena Nikitina waren im Frühjahr dieses Jahres rund 10.000 E-Mails abgeflossen. Mutmaßlich pro-ukrainische Aktivisten haben sie ins Netz gestellt. Ein Team von Frontal21 und der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ haben es über Monate ausgewertet.

Berater aus Kreml-nahen Firmen

Die Recherchen zeigen, dass die verdeckt agierenden Berater der Separatisten in Kreml-nahen Firmen wie dem „Zentrum für politische Konjunktur“ in Moskau arbeiten oder offenbar aus der „Administration des Präsidenten“ stammen. Im Donezk-Leak finden sich dazu „Berichte für Moskau“, „Dienstreisen nach Moskau“ und an vielen Stellen das Kürzel „AP“. „AP“ steht in der russischen Föderation für „Administration des Präsidenten“. In Moskau ist es das Machtzentrum des Kremls, mit ähnlichen Befugnissen ausgestattet wie in Berlin das Bundeskanzleramt. Die russische Botschaft in Berlin hat bisher nicht auf Nachfragen zu den Recherchen reagiert.

von

Günter Schwarz – 28.09.2016