(Ankara) – Als Reaktion auf den gescheiterten Putsch hat die türkische Regierung nach eigenen Angaben gegen rund 82.000 Menschen ermittelt. Mehr als drei Monate nach dem Putschversuch in der Türkei sind inzwischen mehr als 35.000 Verdächtige in Untersuchungshaft.

Nach weiteren rund 4.000 Menschen werde noch gefahndet, sagte Justizminister Bekir Bozdag nach einem Bericht des Senders NTV vom Sonntag in der westtürkischen Stadt Afyonkarahisar bei einer Veranstaltung der regierenden AKP am Samstagabend. Noch Ende September hatte die Regierung mitgeteilt, dass sie gegen 70.000 Menschen ermittle. 26.000 davon stünden weiter „unter der Kontrolle der Justiz“, sagte Bozdag am Samstag.

Die Bilder zum Militärputsch in der Türkei:


Die türkische Regierung sieht den früheren Luftwaffenchef Akın Öztürk als Kopf der Verschwörung an. Der General, der im August pensioniert worden wäre, ist ebenfalls unter den bislang Verhafteten.
 


Es ist unklar, ob es sich bei den Leuten auf dem Panzer um Erdogan-Gegner oder -Befürworter handelt. Quelle: TOLGA BOZOGLU
 


Die Polizei beschützt einen Soldaten vor der wütenden Menge. Quelle: MURAD SEZER
 


Putschisten werden von der Polizei abgeführt (hier in der Stadt Marmaris).Quelle: KENAN GURBUZ
Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen als Drahtzieher des Umsturzversuchs betrachtet, hatte nach dem gescheiterten Putsch am 15. Juli umfangreiche „Säuberungen“ im Staatsapparat angekündigt. Der Ausnahmezustand wurde inzwischen bis Mitte Januar verlängert. Als Folge kann Staatspräsident Erdoğan per Notstandsdekret regieren. Unter anderem wurden mehr als 50’000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes per Dekret entlassen.

Ebenfalls per Dekret verfügte Erdoğan die Verlängerung der Untersuchungshaft von vier auf 30 Tage. Der Kontakt zu einem Anwalt darf fünf Tage lang verwehrt werden. Menschenrechtsorganisationen und Teile der Opposition kritisieren, dass die türkische Führung den Ausnahmezustand missbrauche, um gegen jeden Regierungskritiker vorzugehen.

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APA/dpa  – 23.10.2016