(Calais) – Vor der Räumung des Flüchtlingslagers im nordfranzösischen Calais ist es zu Krawallen gekommen. Aus einer Gruppe von mehreren Dutzend Menschen flogen in der Nacht auf heute Steine auf Polizisten, die dann Tränengas einsetzten, berichtete der heute Vormittag Nachrichtensender BFMTV.

Die französische Regierung will das umstrittene Lager, in dem nach offiziellen Angaben etwa 6.500 Menschen leben, ab morgen auflösen. Viele von ihnen sind auf dem Weg nach Großbritannien in der nordfranzösischen Hafenstadt am Ärmelkanal gestrandet. Einige versuchen immer wieder, auf Lastwagen versteckt nach Großbritannien zu gelangen. Die Flüchtlinge sollen mit Bussen in rund 160 Aufnahmezentren im ganzen Landgebracht werden. Dies hat bereits begonnen: So kamen im südfranzösischen Pierrefeu-du-Var nördlich von Toulon 14 Menschen an. 80 junge Flüchtlinge mit Hochschulreife wurden ins nordfranzösische Villeneuve-d’Ascq bei Lille gebracht, wo sie einen Französischkurs machen und anschließend ein Studium aufnehmen sollen. Die französische Regierung will vor dem Wintereinbruch handeln, um eine humanitäre Krise in dem überfüllten Lager zu verhindern.

Wer sich weigert, bei der Schließung des Lagers zu kooperieren, dem droht nach Einschätzung von Hilfsorganisationen die Abschiebung in sein Heimatland. Das gilt etwa für Flüchtlinge, die nicht in die bereitgestellten Busse steigen wollen.Die Behörden schätzen, dass sich im „Dschungel von Calais“ bis zu 200 Aktivisten der „No Border-„Bewegung aufhalten, die für eine Welt ohne Grenzen eintreten und die nicht ganz unbeteiligt an den derzeitigen Krawallen sind.

Frankreich ist deutlich weniger von der Flüchtlingssituation betroffen als beispielsweise Deutschland. Frankreich registrierte im vergangenen Jahr gut 80.000 Asylanträge. Deutschland dagegen nahm knapp 477.000 Anträge an – fast das Sechsfache.

von

Günter Schwarz  – 23.10.2016