(Hannover) – Der Kinderfreibetrag, die staatliche Unterstützung für Eltern, war im Jahr 2014 seitens des Finanzamtes wahrscheinlich zu niedrig angesetzt. Millionen von Eltern dürfen auf Rückzahlungen hoffen; ein aktuelles Urteil macht jedenfalls Hoffnung. Das niedersächsische Finanzgericht gab einer Klägerin Recht, die die aktuelle Berechnung der Kinderfreibeträge angezweifelt hat. Familien haben daher zu viel Steuern und Solidaritätszuschlag gezahlt. Nun muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Tausende Eltern können auf eine Rückzahlung vom Finanzamt hoffen. Der Grund: Das Finanzgericht Niedersachsen hat in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Höhe des Kinderfreibetrags 2014 moniert (Az.: 7 V 237/15). Der Kinderfreibetrag sei „aus mehreren Gründen verfassungswidrig zu niedrig“. Dadurch haben Eltern zu viel Steuern und einen zu hohen Solidaritätszuschlag gezahlt. Zwar wirkt sich die Entscheidung nicht unmittelbar auf andere Eltern aus, gilt aber als wichtiges Signal.

Die Steuerberaterin Reina Becker, eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, hatte gegen einen aus ihrer Sicht zu niedrigen Kinderfreibetrag für 2014 geklagt. Sie hätte 820 Euro an Steuern sparen können, wäre die Berechnung nach ihrer Sichtweise vollzogen worden. Das Finanzgericht in Hannover sah das ebenso. Die Bundesregierung sei ihren eigenen Ankündigungen nicht nachgekommen und habe den Kinderfreibetrag 2014 zu niedrig angesetzt, hieß es im Urteil.

Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung war der neunte Existenzminimumbericht der Bundesregierung, nach dem für Kinder im Jahr 2014 ein Existenzminimum von 4.440 Euro hätte steuerfrei bleiben müssen. Tatsächlich lag der Kinderfreibetrag in dem Jahr aber nur bei 4.368 Euro, war also womöglich 72 Euro zu niedrig. „Je nach Steuersatz zahlten Eltern dadurch pro Kind mehr als 30 Euro zu viel Steuern und Solidaritätszuschlag“, rechnet der Bund der Steuerzahler (BdSt) vor.

Zudem stellte das Gericht gleich die gesamte Berechnung des Kinderfreibetrags durch die Bundesregierung in Frage. Diese sei unausgewogen, da sie das Alter der Kinder nicht ausreichend berücksichtige. Der Kinderfreibetrag ist eine soziale Komponente im Steuerrecht, aufgrund der die Eltern einen Teil des Einkommens nicht versteuern müssen. Aktuell liegt dieser Kinderfreibetrag im Jahr bei 2304 Euro pro Elternteil, der aber nur berücksichtigt wird, wenn das erhaltene Kindergeld niedriger ausfällt. 

Das Bundesverfassungsgericht muss nun entscheiden, sofern es die Klage nicht ablehnt, was aber als sehr unwahrscheinlich gilt. Es könnte allerdings drei bis vier Jahre dauern, bis in Karlsruhe der Hammer fällt.Sollten die Richter dort zu dem gleichen Ergebnis kommen wie das Finanzgericht, ist es durchaus möglich, dass das Gericht der Bundesregierung eine Nachzahlung der Steuerfreibeträge auferlegt. Dann könnten sich Millionen von Eltern über satte Rückzahlungen für das Jahr 2014 freuen.

Klägerin Becker ist vorerst zufrieden, auch wenn sie sagt: „Die wertvollste Entscheidung in meinem Leben war es, Kinder zu bekommen – und wohl auch die teuerste.“

von

Günter Schwarz – 04.12.2016