(Berlin) – Afghanistan ist noch immer weit davon entfernt, ein sicheres Land zu sein. Gerade verschärfen sich die Auseinandersetzungen mit den radikal-islamischen Taliban wieder. Deutschland will dennoch deutlich mehr Afghanen als bisher, die abgelehnten Asylbewerber, zurück in ihre Heimat nach Afghanistan bringen. Noch im Dezember, so der Plan des Innenministeriums unter Thomas de Maizière (CDU), soll von Deutschland aus der erste Sammelflieger abheben und bis zu 50 afghanische Staatsbürger zwangsweise an den Hindukusch zurückbringen.

Im Oktober hatten Deutschland und Afghanistan eine gemeinsame Erklärung zur Rückkehr abgelehnter Asylbewerber unterzeichnet. In dieser Woche waren laut „Spiegel“ erneut Beamte des Bundesinnenministeriums in Afghanistan, um Details zu klären. Jetzt bereitet das Bundesinnenministerium Sammelabschiebungen von Afghanen vor. Noch im Dezember soll ein erstes Flugzeug bis zu 50 afghanische Staatsbürger gegen ihren Willen in ihre Heimat zurückbringen.

Nach Angaben der Bundesregierung leben derzeit rund 12.500 Afghanen mit abgelehntem Asylantrag in Deutschland. Wie viele davon tatsächlich abgeschoben werden könnten, ist unklar. Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisiert Abschiebungen nach Afghanistan und verweist auf die „katastrophale Sicherheitssituation“ sowie „die desolate politische und ökonomische Lage“. Nach UN-Angaben starben im dortigen Bürgerkrieg dieses Jahr bis Ende September rund 2500 Zivilisten.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber verteidigt Abschiebungen nach Afghanistan. „In Afghanistan gibt es Regionen, in denen man sicher leben kann. Menschen, die nach einem rechtsstaatlichen Verfahren keinen Anspruch auf Asyl haben, dorthin zurückzubringen ist legitim“, sagte er der „Welt“. Die afghanische Regierung sei international anerkannt und habe den Anspruch, die Sicherheit ihrer Bürger zu gewährleisten.

Doch wie die afghanische Regierung für die Sicherheit ihrer Bürger sorgen kann, zeigt ein erst kürzlich gemeldeter Bericht des humanitären Armn der Vereinten Nationen, OCHA. Danach seien bis zum 27. November 511.762 Afghanen als Binnenvertriebene registriert worden. Zu Beginn des Jahres hatten die UN noch mit 250.000 gerechnet. Im vergangenen Jahr waren mehr als 1,2 Millionen Afghanen im eigenen Land auf der Flucht. Die Menschen fliehen vor dem sich verschärfenden Krieg mit den radikalislamischen Taliban.

Deutschland will Aufnahmelager in Tunesien

Zudem will das Innenministerium den Weg für Flüchtlinge und Migranten über das Mittelmeer deutlich erschweren. Nach einer Rettung aus Seenot könnten sie direkt aufs afrikanische Festland zurückgebracht werden, heißt es im „Spiegel“ weiter.

So könnte in Tunesien ein Aufnahmelager entstehen – mit der Möglichkeit, dort Asyl in Deutschland oder anderen EU-Staaten zu beantragen. Das Ministerium werbe zurzeit in Italien und bei der EU-Kommission für den Plan. Die Bundesregierung fürchte im Wahljahr 2017 offenbar eine weitere Flüchtlingswelle, hieß es in dem Bericht weiter.

In diesem Jahr sind so viele Migranten wie nie zuvor über das Mittelmeer nach Italien gekommen. Bis Ende November zählten die Behörden über 171.000 Menschen. Die meisten der Migranten kommen aus Afrika. Schätzungen zufolge sind knapp 5000 bei der Überfahrt ums Leben gekommen.

von

Günter Schwarz – 04.12.2016