Die durch ihr Tagebuch bekannt gewordene Anne Frank und ihre Familie sowie die Verhaftung des jüdischen Mädchens Anne Frank (1929 bis 1945) in Amsterdam durch die deutsche „Gestapo“ im August 1944 beruhte möglicherweise doch nicht auf einem Verrat des Verstecks, in der sie sich vor den Nationalsozialisten in einer Wohnung in Amsterdam versteckt hatten. Das geht laut einer neuen Studie aus einem Bericht der Anne Frank-Stiftung hervor, der gestern in Amsterdam veröffentlicht wurde.

Darin heißt es, das Mädchen und sieben Familienangehörige könnten den Deutschen und deren niederländischen Helfern auch bei der Suche nach illegaler Beschäftigung und Herstellern gefälschter Lebensmittelkarten in die Hände gefallen sein. Ein Verrat sei dennoch nicht ganz ausgeschlossen. „Unsere Untersuchung widerlegt einen möglichen Verrat nicht, zeigt aber, dass auch andere Möglichkeiten untersucht werden sollten“, sagte Stiftungsdirektor Ronald Leopold.

Die deutsche Familie Frank war vor den Nazis in die Niederlande geflohen. Anne Frank lebte mit ihrer Familie von 1942 bis 1944 im Hinterhaus an der Amsterdamer Prinsengracht 263 im Versteck vor den Nationalsozialisten und schrieb dort auch das weltberühmte Tagebuch. Die insgesamt acht Untergetauchten wurden 1944, wie man bisher annahm, verraten und in Konzentrationslager deportiert. Anne starb im Frühjahr 1945 im Alter von 15 Jahren im Konzentrationslager Bergen-Belsen in der Lüneburger Heide an Typhus. Anne Franks Vater veröffentlichte später das Tagebuch seiner Tochter, das sie in dem Versteck an der Prinsengracht geschrieben hatte. Das in 67 Sprachen übersetzte „Tagebuch der Anne Frank“ zählt mit 30 Millionen verkauften Exemplaren zu den meistgelesenen Büchern weltweit.

Bisher von anonymem Anruf ausgegangen

Mit dem Bericht relativiert die Stiftung die bisher gängige Geschichtsschreibung, wonach der „Sicherheitsdienst“ (SD) kurz vor der Durchsuchung des Hauses an der Prinsengracht 263 einen anonymen Anruf des Verräters erhalten habe.

Anne Franks Vater, Otto Frank, der einzige Überlebende der acht Menschen im Versteck hinter einem beweglichen Bücherregal, war stets überzeugt, verraten worden zu sein. „Trotz jahrzehntelanger Forschung“ und diverser Beschuldigter habe es aber „keinen endgültig Beweis gegeben“, schreibt die Stiftung jetzt.

von

Günter Schwarz – 18.12.2016