Eine mittelschwere Grippe hat mich über die Feiertage erwischt. Leidend verbrachte ich also die Weihnachtstage 2016 im Bett – schlafend – oder wach; zu den unmöglichsten Zeiten. Um nicht gänzlich in Selbstmitleid zu versinken, versuchte ich mich auf andere Gedanken zu bringen. Das Fernsehprogramm schien mir angemessen. Durch sehr unregelmäßige Schlaf- und Wachzeiten gelang es mir auch, einen relativ breit gefächerten Überblick über das weihnachtliche Programmangebot zu bekommen. Während öffentlich-rechtliche Sender „Michel“ und Märchenverfilmungen senden, schaufeln private Sender ihre Blockbuster über das Volk.

Interessant: wenn man dieser Tage an Flüchtlinge, das Grauen von Aleppo oder das schreckliche Attentat von Berlin denkt; dann transportiert z.B. der Sender „Pro Sieben“ genau diese Dinge. Zu Weihnachten. Bei „Conan“ werden reihenweise Körperteile abgeschlagen, währen man beim „Punisher“ sämtliche Formen der Folter lernt. Und auch eine Schule wird bombardiert (die Tribute von Panem).

Auf der einen Seite wiegen wir uns in selbstgerechter Verurteilung von Gewalttätern, die in Berlin Frauen von der Treppe treten – auf der anderen Seite ergötzen wir uns an möglichst blutigem Blockbuster-TV.

Die Kaste der selbstgerechten Besseren schimpft sehr oft auf das „HartzIV-TV“ und meint damit Nachmittagssendungen auf RTL, RTL2 und Sat1, deren Formate ganz ohne Zweifel auf ein einfaches Publikum zugeschnitten ist. In dem Programm finden allerdings keine Folterungen statt… so „blöd“ die Sendungen auch sein mögen.

Es gibt ein Wort für dieses Verhalten: Heuchelei.

Entweder man spricht sich gegen Gewalt aus – oder dafür. Und gemessen an der Zahl gewaltverherrlichender Filme, Computerspiele und anderen Medienprodukten scheint unsere Gesellschaft ein großes Vergnügen an der Gewalt gegen Menschen zu haben.

Nicht?

von
Michael Schwarz – 27.12.2016