(Ankara) – Nach dem Putschversuch in der Türkei am 15. Juli erlässt die türkische Regierung weitere drastische Maßnahmen. Per Dekret hat sie erneut Tausende Staatsbedienstete entlassen. Und sie kann Verdächtigen im Ausland unter bestimmten Bedingungen die Staatsbürgerschaft entziehen. So haben die türkischen Behörden abermals mehr als 6000 Beschäftigte aus dem Staatsdienst entlassen und Dutzende Organisationen verboten.

Mit drei neuen Dekreten, die in der Nacht zum Samstag im Amtsblatt veröffentlicht wurden und damit Gesetzeskraft erhielten, wurden 2687 Polizisten, 1699 Beamte des Justizministeriums sowie 838 Beamte des Gesundheitsministeriums entlassen. Auch Hunderte Beamte anderer Ministerien sowie 631 Hochschulangestellte und acht Mitglieder des Staatsrats verlieren demnach ihre Posten. Die von den Ministerien und Behörden entlassenen Staatsbediensteten wurden in Anhängen zu dem Dekret erneut mit ihrem Namen und Dienstort benannt. Diese Praxis ist hoch umstritten, da die Betroffenen damit öffentlich an den Pranger gestellt werden, ohne jemals von einem Gericht verurteilt worden zu sein.

83 Organisationen, Vereine und Zusammenschlüsse seien wegen „Aktivitäten, die die Sicherheit des Staates bedrohen“, verboten worden, hieß es in den Erlassen weiter.

Nach den in der Nacht zu Samstag veröffentlichten Notstandsdekreten kann das Kabinett türkische Staatsbürger, die sich im Ausland aufhielten und von den Behörden gesucht würden, ihre Staatsbürgerschaft aberkennen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten zurückkehrten, berichtet die Zeitung „Hürriyet“. Zu den Straftaten zählen unter anderem Putschversuche wie der im vergangenen Juli oder die Gründung bewaffneter Organisationen.

Die türkische Regierung macht nach wie vor und gebetsmühlenartig die Bewegung des im US-Exil lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich, in dessen Folge der Ausnahmezustand verhängt wurde. Danach hatten zahlreiche Staatsbedienstete im Ausland, die verdächtigt wurden, Verbindungen zur Gülen-Bewegung zu haben, der Aufforderung der Regierung zur Rückkehr in die Türkei nicht Folge geleistet. Darunter sollen Diplomaten und NATO-Offiziere gewesen sein. Andere Verdächtige setzten sich nach der Niederschlagung des Putsches ins Ausland ab.

Seit dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli wurden damit bereits mehr als 41.000 Menschen in der Türkei festgenommen und mehr als 100.000 weitere entlassen oder vom Dienst suspendiert.

Das Vorgehen gründet sich auf den Ausnahmezustand, der nach dem Putschversuch verhängt und am Dienstag erneut um drei Monate verlängert worden war. Westliche Partnerländer der Türkei sowie Menschenrechtsorganisationen äußerten sich zutiefst besorgt über die Repressionen geäußert, wenngleich ein Herr namens Erdoğan sich dadurch kaum beeindrucken und schon gar nicht umstimmen lässt.

von

Günter Schwarz – 07.01.2017