Zwei muslimische Eltern aus der Schweiz sind vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof mit Klagen gegen die Pflicht zur Teilnahme ihrer Töchter am gemischten Schwimmunterricht gescheitert. Das muslimische Mädchen aus Basel darf dem Schwimmunterricht mit Jungen nicht fernbleiben.

Die Schweizer Behörden durften der Schulpflicht und der Integration der Kinder Vorrang einräumen gegenüber dem religiös begründeten Wunsch der Eltern nach einer Befreiung, entschieden die Straßburger Richter am Dienstag in Straßburg (Beschwerde-Nr. 29086/12).

Geklagt hatten ein Vater und eine Mutter aus Basel. Ihnen waren Bußgelder auferlegt worden, weil sie sich geweigert hatten, ihre Töchter zum gemeinsamen Schwimmunterricht mit Jungen zu schicken. Sie wehrten sich dagegen, dass ihre Töchter in der Schweiz zum gemischten Schwimmunterricht müssen – ihr Glaube verbiete dieses. Jetzt scheiterten sie mit ihren Klagen vor dem Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg.

Die Straßburger Richter sahen in dem Bußgeldbescheid keinen Verstoß gegen die Religionsfreiheit. Sie argumentierten, die Schule spiele eine besondere Rolle bei der sozialen Integration, insbesondere von Kindern ausländischer Herkunft. Die Kläger kommen ursprünglich aus der Türkei, sie haben mittlerweile aber auch die Schweizer Staatsbürgerschaft.

Religiöse Vorbehalte strenggläubiger muslimischer Eltern führen auch an deutschen Schulen immer wieder zu Konflikten. Ein Grundsatzurteil wurde 2013 vom Bundesverwaltungsgericht gefällt, denn auch in Deutschland kann muslimischen Schülerinnen die Teilnahme am gemeinsamen Schwimmunterricht von Jungen und Mädchen zugemutet werden.

Geklagt hatte damals eine Schülerin aus Frankfurt. Die Eltern des marokkanisch-stämmigen Mädchens hatten die Befreiung der damals Elfjährigen vom Schwimmunterricht beantragt – mit Verweis auf muslimische Bekleidungsvorschriften und dem Argument, sie dürfe aus religiösen Gründen keine männlichen Mitschüler in Badehosen sehen.

Beide Begründungen ließen die Richter nicht gelten: Leicht bekleidete junge Männer seien in Deutschland im Sommer überall zu sehen, der Anblick beeinträchtige das Mädchen somit nur „geringfügig“ in seiner Glaubensfreiheit. Der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag überwiege. Um den religiösen Bekleidungsvorschriften gerecht zu werden, könne das Mädchen einen Burkini, einen Ganzkörperbadeanzug, tragen.

von

Günter Schwarz – 10.01.2017