Die britische Premierministerin stellt den Amerikanern in einer Rede in Philadelphia die neue Außenpolitik Großbritanniens vor. Die Premierministerin Theresa May hielt gestern Abend eine Rede vor republikanischen Parteigrößen in Philadelphia. Ihr Thema war die Außenpolitik. Bei dieser Gelegenheit verabschiedete sie sich und ihr Land von der seit 1999 gültigen Doktrin der Downing Street: Die Zeit der militärischen Abenteuer sei vorbei!

Der frühere Premierminister Tony Blair hatte 1999 eine britische Doktrin der wohlwollenden Intervention formuliert. Ausgerechnet in Chicago. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten führte dieses zu amerikanischen und britischen Militäreinsätzen in Afghanistan, Irak und Libyen.

Blairs Nachfolgerin Theresa May hält sichtlich wenig von diesen Abenteuern. Die Zukunft bestehe nach den Worten Mays nicht aus einer Rückkehr zu den gescheiterten Modellen der Vergangenheit. In der Folge würden Briten und Amerikaner nicht mehr versuchen, souveräne Länder zu Abbildern ihrer selbst zu machen.

Das, so berichtet Martin Alioth weiter, ist eine radikale Abkehr von der bisherigen britischen Außenpolitik der letzten Jahrzehnte. May, die heute erstmals Präsident Donald Trump persönlich treffen wird, ermahnte ihre Zuhörer zwar zu multilateralem Denken und zu Distanz vor Russland. Aber angesichts geschrumpfter militärischer Ressourcen passt sich die Politik an: Genau wie die neue amerikanische Regierung konzentrieren sich die Briten auf einheimische Probleme.

Gleichzeitig warb Großbritanniens Premierministerin vor ihrem heutigen Treffen mit US-Präsident Donald Trump für ein bilaterales Freihandelsabkommen zwischen beiden Ländern. „Dies ist eine unserer ersten Prioritäten“, sagte sie vor Abgeordneten und Parteivertretern der konservativen US-Republikaner.

„Ein gemeinsames Freihandelsabkommen muss für beide Seiten funktionieren und beider Länder Interessen berücksichtigen“, sagte May. Und es müsse jenen dienen, die sich allzu oft von der Globalisierung zurückgelassen fühlten.

Trump hatte zuvor deutlich gemacht, dass er von multilateralen Handelsabkommen nichts hält und stattdessen auf zwischenstaatlicher Ebene verhandeln will. „Man kommt nicht mehr raus, das ist wie Treibsand“, sagte er in Philadelphia. Ein bilaterales Abkommen könnte dagegen mit 30 Tagen Frist gekündigt werden.

May forderte die neue US-Regierung zur Kooperation auf. Amerika sei durch den Wahlsieg Trumps stärker geworden. Dennoch dürfe sich das Land nicht isolieren. „Sie können und sollten diesen Weg nicht alleine gehen“, sagte die Britin.

May lieferte dabei auch ein Bekenntnis zum nordatlantischen Verteidigungsbündnis ab. Die Nato bleibe entscheidend für die Sicherheit des Westens. Jedoch müssten alle Mitglieder ihre Verpflichtungen erfüllen. Großbritannien und die USA sind derzeit die einzigen Länder aus dem Kreis der G20, die ihr Versprechen einlösen, zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für den Verteidigungsetat bereitzustellen.

Die USA wie auch Großbritannien hätten die Verantwortung, der Welt Führung anzubieten, betonte May: „Wenn andere nach vorne treten, während wir zurückstehen, dann ist das schlecht für Amerika und für die Welt.“ Internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen blieben von entscheidender Bedeutung. Trump hatte sich zuvor für weniger internationales Engagement der USA ausgesprochen.

Amerika und Großbritannien hätten gemeinsam die moderne Welt neu definiert, sagte May. „Die Tage, an denen Großbritannien und Amerika in souveränen Staaten intervenieren, um zu versuchen, die Welt nach ihrem Bild zu formen, sind aber vorüber“, stellte sie fest. Werte und Interessen müssten verteidigt werden. Dies könne aber nicht bedeuten, Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.

Im Umgang mit Russland empfahl die britische Regierungschefin Vorsicht. „Arbeitet zusammen, aber passt auf“, rief sie den Amerikanern zu. Den von Trump kritisierten Atomdeal mit dem Iran nahm sie ausdrücklich in Schutz. „Er ist wichtig für die Sicherheit in der Region.“ Jedoch müsse die Vereinbarung weiterhin streng überwacht werden, und Verstöße müssten strikt geahndet werden.

von

Günter Schwarz – 27.01.2017