Klar, Donald Trump ist ein Problem. Er jagt jedem vernünftig denkenden Menschen Angst und Schrecken ein. Wie er den Nationalismus in den USA hoffähig gemacht hat und die Macht übernehmen konnte, lässt einen erschauern. Natürlich müssen wir alle demokratischen Kräfte unterstützen, die seine Politik oder besser, seinen Staatspopulismus bekämpfen. Aber „Schlag den Trump“ alleine, hilft uns nicht weiter.

In der Verachtung bzw. Ablehnung des neuen US-Präsidenten sind sich die meisten demokratischen Kräfte in Europa einig. Wie der Wahlkampf gezeigt hat, schöpft Trump jedoch just aus diesem Ressentiment Kraft und gefühlte Legitimität. 

Weder Deutschland noch Dänemark kann mit Blick auf Donald Trump im Besonderen oder den transatlantischen Beziehungen im Allgemeinen natürlich keine eigenständige Rolle einnehmen. Der Gedanke, dass Trump – der im Telefonat Ratspräsident Donald Tusk und  Kommissionspräsident Jean Claude Junker verwechselte – sich merken kann, wer beispielsweise Lars Løkke Rasmussen ist, bleibt naiv. Bei Angela Merkel dagegen sieht es vielleicht schon ein wenig anders aus. Doch auf Trump kann und muss Europa gemeinsam reagieren; gerne auch emotional und mit Pathos, aber besser noch, wie Angela Merkel es derzeit macht, sachlich, ruhig und hoffentlich in ihrer Politik konsequent.

2017 wird für Europa ein Schicksalsjahr; dazu gehört maßgeblich auch, wie wir auf ein „America First“ reagieren. Großbritannien ist auf dem Weg raus. Ungarn und Polen driften immer weiter in autokratische Strukturen am rechten Rand ab. Die Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland bergen 2017 die Gefahren für einen weiteren Rechtsruck, der alles in Frage stellen würde, wofür in den letzten Jahrzehnten gearbeitet wurde.

Die Trump-Hysterie verleiht den Rechten und Neo-Nationalisten Auftrieb. Das derzeit sehr beliebte „Trump-bashing“ darf nicht unsere Sicht auf die innenpolitischen (aus europäischer Sicht) akuten Gefahren verdecken. Wir müssen für Europa kämpfen: Wir müssen dem Nationalismus, der Verachtung und dem Hass, der den sogenannten politischen Eliten und dem angeblichen Eliten-Projekt EU entgegenschlagen, offensiv, mutig und selbstbewusst begegnen.

In höchste Alarmbereitschaft muss uns dabei das Treffen der Rechten „Creme de la Creme“ in Koblenz vom vergangenen Wochenende versetzen. Zum ersten Mal haben sich die rechtspopulistischen, nationalistischen und europafeindlichen Parteien aus Deutschland, Frankreich, Österreich, Italien und Niederlande in einer Großveranstaltung getroffen und sich martialisch-bombastisch gegenseitig gefeiert.

Die Parteien sind in ihrer Ausrichtung sehr heterogen. Von offen antisemitischen Strömungen in der France National von Marie Le Pen oder der FPÖ aus Österreich, bis zu der Israel-freundlichen und Islamophoben Haltung eines Geert Wilders aus den Niederlanden. Der AfD ist vieles im Programm der France National oder der Wilders-Partei (oder der Dansk Folkeparti) zu „sozialistisch“. Aber alle diese Parteien haben eine weite politische Schnittmenge gemeinsam: Sie sind alle gegen Ausländer im Land; sie wollen Grenzen dicht machen. Den offenen Widerstand gegen die EU haben alle auf der Agenda und es fällt immer wieder die krude Bezugnahme auf eine sogenannte „christlich-abendländische“ Identität.

Frau Le Pen liegt in den Umfragen in Frankreich vorne. Geerd Wilders scheint seine Stimmenzahlen verdoppeln zu können. Die AfD wächst trotz interner Flügelkämpfe immer stärker. 

Der Gegner, den es derzeit im Auge zu behalten und ja – zu bekämpfen gilt, sitzt nicht in Washington, sondern wächst sich in Europa stark. Es darf nicht allein ein Kampf gegen Parteien und Akteure sein. Es muss ein Kampf um Inhalte sein; ein Kampf um Kopf und Herz des Wählers, der sich von den etablierten Parteien abwendet. Wer die Wähler von AfD bis Dansk Folkeparti mit Verachtung oder mit (gefühlter) moralischer Überlegenheit begegnet, der verliert. Wohin das führen kann, hat uns Donald Trump gezeigt – nämliche ins Weiße Haus beziehungsweise in die Regierungsverantwortung. – Und dann Gnade uns Gott – aber allen!

von

Günter Schwarz – 29.01.2017