(Drersden) – Der Lokalpolitiker Domenico Lucano integriert seit 20 Jahren in seiner Heimat Italien erfolgreich hunderte Flüchtlinge in seinem Heimatort Riace. Das Konzept hierfür ist zugleich schlicht und durchaus erfolgreich. Nun würdigten die Initiatoren des Dresdner Friedenspreises ihn dafür.

Domenico Lucano ist der Bürgermeister eines unscheinbaren süditalienischen Dorfes namens Riace. Das Örtchen liegt an der für ihre landschaftlichen Reize vielgerühmten Mittelmeer-Küste Kalabriens. Trotz seines landschaftlichen Reichtums teilte Riace das Schicksal vieler ländlicher Regionen Italiens und erlebte bis Ende der 1990er Jahre eine langanhaltende Krisenphase, in der die Bevölkerung aufgrund mangelnder Arbeitsmöglichkeiten abwanderte. Von einst etwa 3.000 Einwohnern des Dorfes blieben 1998 nur 800 übrig.

Doch dem Dorf gelang es, das langsame Ausbluten aufzuhalten und sogar umzukehren – auf einem sonderbaren Weg. Lucano – damals noch nicht Bürgermeister – schlug im Jahr 1998 vor, Asylsuchende vor Ort anzusiedeln, nachdem 218 kurdische Flüchtlinge in einem Boot in Riace ankamen. Er gründete den Verein Citta Futura (Stadt der Zukunft) und setzte die Idee zusammen mit weiteren Mitstreitern um.

Das kühne Projekt glückte. Inzwischen leben etwa 800 Einwanderer in dem mediterranen Örtchen, die Gesamtzahl der Einwohner liegt wieder bei mehr als 2.200. Die Einwanderer bekommen Wohnraum zugeteilt sowie ein Taschengeld von 250 Euro monatlich. Im Gegenzug arbeiten sie in der Landwirtschaft, etwa auf Weinbergen und in Olivenhainen. Die italienische Regierung unterstützt das Projekt mit 35 Euro am Tag pro Flüchtling.

Aufgrund dieses wegweisenden Integrationsprogramms entschieden der Verein Friends of Dresden Deutschland und die Klaus-Tschira-Stiftung, den Preis an Lucano zu verleihen. Der Laudator Martin Roth, Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlung Dresden von 2001 bis 2011, pries das italienische Dorf als politisches Zukunftsmodell. Der Bürgermeister sei „für uns alle ein Beispiel, ein Vorbild“. Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum, ein gebürtiger Dresdner und Ehrenmitglied des Vereins, bezeugte die Humanität des Lokalpolitikers und erklärte, dass „die einzige Lösung die Solidarität“ ist.

Lucano selbst hob hervor, dass er kein Held ist. Jeder, der die Flüchtlinge und ihre Schicksale persönlich kennenlerne, sehe sich gezwungen, sie zu unterstützten. Die Asylsuchenden hätten ihm ermöglicht, eine neue Welt zu entdecken.

„Riace will eine Botschaft der Menschlichkeit aussenden“, bekundete der Bürgermeister in seiner Dankesrede am Sonntag.

Verbunden mit dem Friedenspreis ist eine Dotierung von 10.000 Euro. Die Initiatoren riefen die Auszeichnung im Jahr 2010 ins Leben. Der Dresdner Friedenspreis wurde 2009 ins Leben gerufen und wird jährlich um den 13. Februar herum, dem Jahrestag der Zerstörung Dresdens, verliehen. Der erste Preisträger des Preises war 2010 Michail Gorbatschow, der letzte Präsident der Sowjetunion, für seine Leistungen „auf dem Gebiet der Konflikt- und Gewaltprävention“ und besonders sein Engagement für die atomare Abrüstung.

von

Günter Schwarz – 15.02.2017