(Paris) – Nur drei Tage vor der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen kam es gestern Abend in Paris zu einer tödlichen Attacke auf Polizisten. Nach dem tödlichen Schusswechsel auf den Pariser Champs-Elysees ist die Identität des Schützen laut der französischen Anti-Terror-Staatsanwaltschaft geklärt.

 Der Täter, der Donnerstagabend einen Polizisten erschossen und drei weitere Personen verletzt hatte, ehe er selbst getötet wurde, sei „bekannt“, seine Identität „bestätigt“, hieß es seitens der Behörde. Medienberichten zufolge handelt es sich um einen 39-jährigen Franzosen, er soll bereits im Visier der Ermittler gestanden sein. Frankreichs Präsident Francois Hollande sprach von einem „terroristischen Hintergrund“ des Angriffs. Ein zweiter Verdächtiger stellte sich den belgischen Behörden.

Die Anti-Terror-Staatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen. Behördenchef Francois Molins sagte, der Täter sei „bekannt“ und seine Identität „bestätigt“. Details wollte er aus ermittlungstaktischen Gründen nicht nennen. Die Behörden durchsuchten eine Wohnung in einem Vorort östlich von Paris, in der der Mann zuletzt gewohnt haben soll.

Bericht: Verdächtiger im Februar kurzzeitig in Haft

Die Nachrichtenagentur AFP berichtete unter Berufung auf Ermittler, dass der Angreifer – ein 39-jähriger Franzose – wegen zweier Angriffe mit Schusswaffen auf zwei Polizisten und einen dritten Mann 2005 zu fünfzehn Jahren Haft verurteilt worden war. Er war erst kürzlich nach Verbüßung von zweidrittel der Strafe aus der Haft entlassen worden. Im Februar wurde er den Angaben zufolge erneut festgenommen wegen des Verdachts, dass er Polizisten ermorden wolle. Aus Mangel an Beweisen kam er allerdings wieder frei.

Ein Polizeivertreter sagte, der Angreifer sei in einem Auto vorgefahren und ausgestiegen. Er habe mit einer Automatikwaffe auf das Polizeifahrzeug geschossen. „Er hat einen der Polizisten getötet und versucht, im Laufen noch weitere zu treffen.“ Bei dem Angriff, der sich gegen 21.00 Uhr wenige hundert Meter vom Arc de Triomphe entfernt ereignete, wurden zwei Polizisten verletzt, einer von ihnen schwer. Zudem wurde eine Touristin laut Polizei durch einen Splitter leicht verletzt. Ihre Nationalität wurde nicht mitgeteilt.

Die Sicherheitskräfte riegelten die Champs-Elysees nach dem Angriff weiträumig ab, sperrten mehrere U-Bahn-Stationen und riefen die Bevölkerung auf, den Bereich zu meiden. Zum Zeitpunkt der Tat waren viele Menschen auf der auch bei Touristen beliebten Straße unterwegs. Der Besitzer eines Restaurants nahe dem Boulevard sagte, es sei ein kurzer, aber intensiver Schusswechsel zu hören gewesen. „Wir haben unsere Kunden im Keller versteckt.“

Zweiter Verdächtiger stellte sich

Am Freitag wurde bekannt, dass die französische Polizei in Zusammenhang mit dem Anschlag nach einem zweiten Mann fahndet. Dieser sei von belgischen Behörden identifiziert worden, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Pierre-Henry Brandet, dem Sender Europe 1. Kurz nach Ausstrahlung des Interviews stellte sich der Verdächtige im belgischen Antwerpen den dortigen Behörden. Französische Ermittler haben unterdessen drei Personen aus dem familiären Umfeld des getöteten Angreifers in Polizeigewahrsam vernommen. Es handle sich um das klassische Vorgehen in solchen Fällen, sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur dpa.

IS reklamierte Tat für sich

Zu dem Angriff bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) über ihr Propagandasprachrohr Amak. Sie identifizierte den Täter als einen Kämpfer namens „Abu Jussef der Belgier“. Die belgischen Behörden sagten hingegen, es gebe keine Hinweise darauf, dass der mutmaßliche Täter belgischer Staatsangehöriger sei.

Unterdessen hat Frankreich seine Sicherheitskräfte, darunter alle Eliteeinheiten, mobilisiert. Dadurch solle die Sicherheit der Bevölkerung bei der anstehenden Wahl gewährleistet werden, sagte Ministerpräsident Bernard Cazeneuve nach einem Treffen mit Vertretern der Sicherheitskräfte. Des getöteten Polizisten wird am Freitag landesweit gedacht. Innenminister Matthias Fekl sagte, der Einsatz der Polizisten habe ein Massaker verhindert: „Sie haben ein Blutbad auf den Champs-Elysees abgewendet.“

Wahlkampfveranstaltungen abgesagt

Der Angriff ereignete sich während einer Serie von Liveinterviews mit den elf Präsidentschaftskandidaten im TV-Sender France 2. Die Präsidentschaftskandidaten Marine Le Pen, Emmanuel Macron und Francois Fillon sagten für Freitag geplante Wahlkampfveranstaltungen ab. Zahlreiche französische Politiker äußerten sich bestürzt und verurteilten die Tat.

von

Günter Schwarz – 21.04.2017