(København) – Ein religiöser Berater der türkischen Botschaft in København hat bestätigt, dass er Informationen über mutmaßliche Anhänger der Gülen-Bewegung in Dänemark gesammelt hat. Vier Männer und vierzehn Schulen in Dänemark wurden in Verbindung mit der Gülen-Bewegung in einem Dokument, das im vergangenen Herbst in die Türkei geschickt wurde, genannt, berichtet die Zeitung „Kristeligt-Dagblad“.

Die Gülen-Bewegung ist eine religiöse und soziale Bewegung, die nach Fethullah Gülen benannt ist, einem ehemaligen Imam, der von der Türkei bezichtigt wird, hinter einem gescheiterten Militärputschversuch im Land im vergangenen Juli zu stehen. Gülen, der in der USA lebt, bestreitet jegliches Engagement, an dem Putsch verwickelt gewesen zu sein.

Die Botschaft der Türkei in København hat bisher keine offizielle Antwort über den Inhalt des Dokuments gegeben, so Kristeligt Dagblad, dem Informationen über den Bericht vorliegen. Adnan Bülent Baloğlu, der religiöse Berater der türkischen Botschaft in Dänemark, verteidigte in einem Interview mit der Zeitung Kristeligt Dagblad das Vorgehen der türkischen Regierung. Das Dokument zeigt, dass die Botschaft Informationen über 14 Schulen und vier Personen in Dänemark gesammelt hat, die mit der Gülen-Bewegung in Verbindung stehen sollen. Von Baloğlu wurden in dem Interview mit ihm keine expliziten Schulen oder Namen von betroffenen Personen genannt.

„Das Zusammentragen von Informationen ist die Reaktion des Staates auf den schrecklichen Putschversuch, bei dem viele Menschen getötet wurden. Wenn diese Leute frei unter uns herumlaufen, müssen wir darüber Bescheid wissen „, sagte Baloğlu zu Kristeligt Dagblad.

Die Rolle des Beamten als religiöser Berater in der türkischen Botschaft umfasst eigentlich nur die Verantwortung für türkische religiöse Angelegenheiten in Dänemark. Eine dänische Schule, die eine von den 14 denunzierten Schulen ist und die zuvor im vergangenen Jahr auf Facebook mit der Gülen Bewegung in Verbindung gebracht wurde, sagte, dass es rechtliche Schritte gegen Baloğlu in Erwägung zieht.

Die Phønix-Schule in Horsens – eine außerschulische Einrichtung für junge Erwachsene, die in Dänemark als „efterskole“ (Weiterbildungsschule) bekannt ist – wies jede Verbindung zur Gülen-Bewegung von sich. „Das ist sicherlich ein Problem, dass uns persönlich betrifft und dass uns alle in Gefahr bringt… Ich denke, wir müssen uns dagegen wehren, dass wir auf dieser Liste sind“, sagte der Schuldirektor Harun Güler zu Danmarks Radio.

Baloğlu sagte, dass er nichts falsch an der Sammlung von Informationen durch die türkischen Behörden findet. „Haben sie irgendwelche Bedenken, wenn die Sammlung von Informationen diese Leute schadet?“, fragte er Kristeligt Dagblad. Er fügte an, dass die Informationen von der türkischen Botschaft gesammelt wurden und nicht von den Imamen selbst.

Deutsche Sicherheitsdienste haben bereits vor Monaten berichtet, dass mindestens 13 türkische Imame in Deutschland Informationen über die in Deutschland ansässigen Türken an staatliche Behörden in der Türkei gemeldet haben. Im vergangenen Monat versuchte auch die dänische Regierung, eine Klärung mit Ankara herbeizuführen, nachdem mehrere angesehene türkischstämmige Dänen darauf hingewiesen hatten, dass sie für die türkischen Behörden als nationale Verräter und Terroristen gelten.

Zuvor hatte Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen verlangt, dass sein türkischer Amtskollege Binali Yıldırım einen geplanten Besuch im März diesen Jahres verschiebt, nachdem die Regierungen Deutschlands und der Niederlande aufgrund Ereignisse in Verbindung mit den Volksentscheidungskampagnen, von der Wut Erdoğans und seiner Regierung geradezu überschüttet wurden.

Das 16. April-Referendum in der Türkei führte durch einige „Ungereimtheiten“ zu einer umstrittenen 51,4 prozentigen Zustimmung, die dem Präsidenten Erdoğan weitreichende Befugnisse zu einräumen und ihn de facto zum Alleinherrscher und damit zum Diktator über die Türkei machen.

von

Günter Schwarz – 30.04.2017